Schredder-Affäre

Schredder-Affäre: Pilz vermutet Auftrag von Mitarbeiter Blümels

Gernot Blümel war Kanzleramtsminister der türkis-blauen Regierung. (Archivbild)
Gernot Blümel war Kanzleramtsminister der türkis-blauen Regierung. (Archivbild)Fabry / Die Presse
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Der „Jetzt“-Abgeordnete Peter Pilz glaubt, dass die Anweisung zum Schreddern von fünf Festplatten aus dem ÖVP-Kanzleramtsministerium Gernot Blümels kam.

Peter Pilz ortet in der "Schredder-Affäre" der ÖVP einen Konnex zum ehemaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel. Dessen Referent soll den Auftrag zur Vernichtung von fünf Festplatten gegeben haben, sagte der "Jetzt"-Abgeordnete am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Zudem sieht Pilz mehrere Straftatbestände möglicherweise erfüllt - etwa Sach- und Datenbeschädigung.

>> Kanzlerakten: Fünf Festplatten für den Reißwolf

Dass es sich, wie ÖVP-Chef Sebastian Kurz und dessen Generalsekretär Karl Nehammer argumentiert hatten, bei der Schredder-Aktion eines damaligen Mitarbeiters des Bundeskanzleramts um einen normalen Vorgang gehandelt habe, glaubt Pilz nicht. Der "Jetzt"-Gründer rief - wie schon SPÖ-Wahlkampfmanager Christian Deutsch vor ihm - in Erinnerung, dass die Aktion einige Tage vor dem Misstrauensvotum im Nationalrat stattgefunden hat, Kurz habe noch gar nicht wissen können, dass es zu einem Regierungswechsel kommt.

Auftrag von Blümels Referent?

Pilz hat deshalb eine eigene Theorie: Der Auftrag für die Aktion sei aus dem Büro des damaligen Kanzleramtsministers Blümel kommen. Dessen Referent habe den Social-Media-Leiter des Kanzleramts angewiesen, die Festplatten vernichten zu lassen, sagte der "Jetzt"-Abgeordnete, ohne seine Quellen zu nennen. "Bei diesen Festplatten handelt es sich um Eigentum der Republik Österreich", hielt Pilz fest. Niemand sei befugt gewesen, diese zu entfernen und zerstören zu lassen.

Über einen Konnex zu Blümel hatte davor auch schon die Wochenzeitung „Falter“ berichtet: Der Mitarbeiter, der die Festplatten unter falschem Namen und ohne zu zahlen schreddern ließ, gab dort an, mit einem IT-Beamten aus dem Kabinett Blümels das Vorgehen abgesprochen zu haben. Wer das Vernichten der Datenträger aber angeordnet und den Vorgang veraktet habe, wusste der Mitarbeiter nicht mehr. Er ist mittlerweile nicht mehr als Social-Media-Chef im Bundeskanzleramt tätig, sondern in der ÖVP-Zentrale.

Pilz will Sondersitzung des Nationalrats über „ÖVP-Affären“

Wenig glaubwürdig ist für Pilz die Angabe der ÖVP, es habe sich bei den vernichteten Datenträgern ausschließlich um Druckerfestplatten mit temporären Daten gehandelt. Auch die Unterscheidung zwischen privaten Daten der Partei und solchen des Kanzleramts will Pilz nicht gelten lassen. Wahlprogramme und Ähnliches hätten auf Rechnern der Republik nichts verloren. Hier müsse es eine schärfere gesetzliche Regelung geben, forderte der Abgeordnete.

Pilz hofft nun auf eine Sondersitzung des Nationalrats im August, um die Vorgänge zu thematisieren. Informelle Gespräche dazu gebe es bereits mit der SPÖ und der FPÖ. Auch andere "ÖVP-Affären" will der "Jetzt"-Gründer dort behandelt sehen, etwa jene zum "Ibiza-Video". Für ihn wird nämlich immer unglaubwürdiger, dass aufgetauchte ÖVP-interne E-Mails zur Causa tatsächlich gefälscht sein sollen.

SPÖ und FPÖ ließen allerdings am Mittwochnachmittag wissen, dass es in ihren Augen noch zu früh für eine Sondersitzung in der „Schredder-Affäre“ sei. Es würden ohnehin zahlreiche Anfragen an die Regierung dahingehend gestellt werden, hieß es aus beiden Fraktionen. Die Bundeskanzlerin, Brigitte Bierlein, müsse Zeit haben, um die Hintergründe zu recherchieren, die zum Vernichten der Festplatten geführt hätten. Erst dann werde die weitere Vorgehensweise besprochen, hieß es aus der FPÖ. Man rechne mit einer Sondersitzung Mitte August.

(APA/Red.)

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