Der Tag der großen Pensionslücke

Zum Equal Pension Day. Die Gründe für die Pensionsunterschiede zwischen Männern und Frauen liegen meist im Privatleben.

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Das österreichische Pensionssystem strotzt vor Ungerechtigkeiten. Beamte erhalten deutlich mehr an Pension als Angestellte, Bauern, Selbstständige oder Freiberufler. Aber das ist nur ein Aufreger von vielen, wie die jährliche Debatte um den Equal Pension Day zeigt. Dieser Tag soll darauf aufmerksam machen, dass Frauen im Schnitt 60 Prozent weniger Pensionseinkommen haben als Männer. Eine weibliche Pensionistin bekommt monatlich rund 600 Euro brutto weniger als ihr männliches Pendant.

Dieser Unterschied hat viele Ursachen. Ein ganz wesentlicher Grund für die niedrigeren Frauenpensionen ist die hohe Teilzeitrate bei Frauen, womit nicht nur das Einkommen niedriger ist, sondern auch die Einzahlung in die Pensionsversicherung. Drei von vier Teilzeitstellen sind mit Frauen besetzt, nur in den Niederlanden arbeiten anteilsmäßig mehr Frauen in Teilzeit als hierzulande. Ein Grund dafür ist die vor allem auf dem Land noch immer unzureichend ausgebaute Kinderbetreuung.

Das Bemerkenswerte an solchen Statistiken und Zahlen ist aber das, was sie nicht zeigen. Kein Wort darüber, dass es sich negativ auf die Pensionshöhe auswirkt, wenn Frauen fünf Jahre früher als Männer in Pension gehen können. So kommt es auch zum Gender Pension Gap: Die Höhe der Pension hängt nicht nur vom Einkommen ab, sondern auch von der Anzahl der Versicherungsjahre. Frauen gehen tatsächlich früher in Pension und kommen im Schnitt auf fünf Versicherungsjahre weniger. Sie verlieren damit die besten Einkommensjahre und höchsten Einzahlungen in das Pensionssystem. Was wiederum zur paradoxen Situation führt, dass Frauen pro eingezahltem Euro im Schnitt mehr Pension ausgezahlt bekommen als Männer.

Für eine klassische Alterspension kalkuliert die Pensionsversicherung pro Einzahler mit 540 Beitragsmonaten. Diese Zeitspanne wird jedoch nur von zwei Prozent der Frauen, hingegen von 55 Prozent der Männer erreicht. Einerseits liegt das an den Erwerbsunterbrechungen von Frauen, die sich häufig um die Kindererziehung kümmern, und anderseits eben am niedrigeren gesetzlichen Pensionsantrittsalter der Frauen.

Schlusslicht mit Polen

Im Jahr 1992 wurden zuletzt Schritte für ein höheres gesetzliches Pensionsantrittsalter für Frauen gesetzt. Dass Österreich das Frauenpensionsalter aber erst von 2024 bis 2033 an jenes der Männer angleicht, ist viel zu langsam und beginnt unglaubliche 32 Jahre (!) nach Beschlussfassung. Gemeinsam mit Polen hat Österreich ab nächstem Jahr das niedrigste Pensionsantrittsalter für Frauen innerhalb der EU. Eine Anpassung sollte schneller passieren. Beamtinnen müssen bereits jetzt bis zum Alter von 65 Jahren arbeiten, um in Ruhestand gehen zu können.

Was ist nun zu tun? Wer die Einkommens- und damit auch die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen schließen will, kommt nicht darum herum, Frauen für besser bezahlte Berufe und Jobs zu begeistern – diese gibt es vor allem im technischen und kaufmännischen Bereich statt in Verwaltung oder Soziales. Damit Frauen sich nicht nur für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt interessieren, sondern ihr Interesse auch praktisch umsetzen können, braucht es kürzere Karenzzeiten sowie mehr und bessere Kinderbetreuungsangebote. Dies ist nicht allein Auftrag der Politik, sondern auch der Arbeitgeber in Österreich. Es wird auch nicht ohne gesellschaftliches Umdenken gehen: Solange Familienarbeit vor allem Frauensache bleibt, werden viele Mütter weiterhin das Nachsehen haben, weil ihnen nach der Rückkehr in den Beruf einige Jahre Berufserfahrung fehlen.

Dénes Kucsera (geboren 1984) ist Ökonom bei der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2019)

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