Jesper Juul: Abschied vom Elternversteher

Autor Jesper Juul
Autor Jesper Juulimago images / Rainer Unkel
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Der Pädagoge Jesper Juul war ein Star im Kinderzimmer: Er riet gestressten Müttern und Vätern zu Vertrauen in den Nachwuchs, Gelassenheit und dem Wort Nein.

Er nahm es nicht so genau, auch mit sich selbst nicht; er aß gerne, trank gerne, kochte gerne für Freunde, ein gutes Leben voller Genuss und Freude war ihm wichtig. Dieser Hang zu Gelassenheit und Laisser-faire stand auch hinter den Ratschlägen, die den Dänen Jesper Juul über viele Jahre zu einem der einflussreichsten Erziehungsexperten in Mittel- und Nordeuropa machten. Seine Botschaft, gerichtet vor allem an perfektionistische Mittelschicht-Eltern, war die, mehr Vertrauen in das eigene Kind zu haben und sich damit selbst zu entlasten. Jetzt ist Jesper Juul im Alter von 71 Jahren nach langer schwerer Krankheit in der dänischen Kleinstadt Odder gestorben.

Das gute Leben war Jesper Juul in den letzten Jahren nicht mehr vergönnt. Er erkrankte im Dezember 2012 an Transverser Myelitis, einer Autoimmunkrankheit, die ihn vom Brustkorb abwärts lähmte und ihn für einige Zeit nach einem misslungenen Luftröhrenschnitt auch seiner Stimme beraubte. Dass seine Fans davon kaum etwas mitbekamen, ist Juuls Entschlossenheit zu verdanken, den Kontakt zu den Eltern nicht abreißen zu lassen. Zwar konnte er nicht mehr reisen, konnte auf keiner Bühne mehr stehen, ab 2014 aber konnte er Familien zumindest per Mail wieder beraten. Dazu kam die Organisation Familylab, die in 19 Ländern, darunter auch in Österreich, tätig ist, und Erziehungsarbeit in Juuls Sinn leistet. Auch Bücher erschienen weiterhin. Erst 2016 veröffentlichte Juul „Leitwölfe sein“, von dem aus dem Stand 50.000 Exemplare verkauft wurden.

„Leitwölfe“ unterstreicht, warum der „Elternversteher“ Jesper Juul für viele moderne Familien zu einer Instanz wurde. Erstens, so Juul, hat Ideologie (autoritär oder antiautoritär) im Kinderzimmer nichts verloren. Zweitens sollten Eltern ihre Kinder zwar mit Respekt behandeln, sich aber nicht davor scheuen, ein klares Machtwort zu sprechen – meistens „Nein“.Drittens müsse es den Eltern gut gehen, der Paaraspekt dürfe in der Familie nicht vernachlässigt werden. Viertens habe Erziehung ein Ablaufdatum: Ungefähr ab dem Alter von zwölf zähle Authentizität mehr als Autorität, die Rolle der Eltern werde es in der Pubertät zunehmend, den heranwachsenden Kindern Paroli zu bieten.

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