Erdoğan droht: Boeing-Krise verschärft sich

Recep Tayyip Erdoğan.
Recep Tayyip Erdoğan.(c) APA/AFP/ADEM ALTAN (ADEM ALTAN)
  • Drucken

Storno von Großauftrag wegen Streits um Kampfjets.

Seattle/Ankara. Der US-Flugzeugbauer Boeing, der nach den Absturzkatastrophen von zwei Maschinen des neuen Typs 737 MAX mit 346 Toten in einer tiefen Krise steckt, droht nun auch vom Streit zwischen den USA und der Türkei belastet zu werden. Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, hat mit der Stornierung eines fixierten Großauftrags für Boeing-Flugzeuge gedroht. Erdoğan reagierte so auf den Ausschluss der Türkei aus dem F-35-Kampfjet-Programm. Die USA haben die Türkei ausgeschlossen, nachdem bekannt wurde, dass die Türkei das russische Raketenabwehrsystem S-400 kauft.

Auch wenn man keine Jets bekomme, kaufe man 100 Boeing-Flugzeuge, sagte Erdoğan vor Mitgliedern seiner AK-Partei. Inzwischen sei eine Maschine geliefert und die Türkei leiste die Zahlungen. „Wir sind gute Kunden“, sagte Erdoğan. „Aber wenn die Dinge so weiterlaufen, werden wir das überdenken müssen.“

Milliarden an Schadenersatz

Für Boeing wäre das ein weiterer schwerer Schlag. Die Absturzkatastrophen, deren Ursache noch untersucht wird, kosten Image und Vertrauen sowie Milliarden für Forderungen der Hinterbliebenen und Schadenersatzzahlungen an Airlines wegen des weltweiten Startverbots der 737 MAX. Boeing hat deshalb im zweiten Quartal einen Verlust von 2,9 Mrd. Dollar gemacht. Das Debakel kostet Boeing nach bisherigen Schätzungen 8,3 Mrd. Dollar.

Das dürfte nicht alles sein. Denn die Fluglinien trifft das Flugverbot der 737 MAX, dessen Ende nicht absehbar ist, hart. American Airlines, die die Maschinen bereits bis Anfang November aus dem Flugplan genommen haben, rechnen damit, dass sie das Startverbot heuer rund 400 Mio. Dollar vor Steuern kostet. Southwest entschied, Flüge mit der 737 MAX sogar bis Anfang Jänner 2020 zu streichen. Europas größte Billig-Airline, Ryanair, hat das Wachstumsziel für 2020 gestutzt, weil im Sommer 2020 wegen fehlender neuer Flugzeuge nur ein Anstieg von drei statt sieben Prozent bei den Passagierzahlen zu erwarten sei. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FILE PHOTO: Grounded flydubai and Royal Air Maroc Boeing 737 MAX aircraft are seen parked at Boeing Field in Seattle
Geld & Finanzen

Milliardenverlust durch Unglücksflieger: Boeing könnte Produktion von 737 Max ganz aussetzen

Im zweiten Quartal schrieb der Luftfahrtkonzern Boeing einen Rekordverlust von 2,9 Milliarden Dollar. Wie es in Zukunft weiter geht, bleibt ungewiss.
International

Boeing schreibt wegen 737-Max-Debakels 4,9 Milliarden Dollar ab

Der US-Konzern Boeing will indes im vierten Quartal mit der 737 Max wieder vom Boden kommen, wobei es sich noch um eine „bestmögliche Schätzung“ handelt“.
International

Boeing sieht Fortschritt bei Überholung der Unglücksmaschine 737 Max

Mit dem Update der MCAS-Software sei die erforderliche Zahlvon Testflügen mit der Unglücksmaschine 737 Max abgeschlossen, erklärt Flugzeugbauer Boeing.
Inspektoren erwogen 2018, einen Flugstopp für Maschinen dieses Typs anzuordnen.
International

Boeing-Steuerungssystem MCAS schon im Vorjahr im Visier von Behörden

Das Warnsystem, das Fehlfunktionen des Steuerungssystems anzeigt, war nicht automatisch aktiviert, sondern eine kostenpflichtige Zusatzoption.
FILE PHOTO: Employees work on 737 Max aircraft, seen at the Boeing factory in Renton
International

737-Max-Debakel kostet Boeing eine Milliarde

Der US-Flugzeugbauer, der wegen des 737-Max-Debakels in der Krise ist, hat im ersten Quartal weniger Gewinn geschrieben. Den Umsatz konnte Boeing entgegen den Erwartungen steigern.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.