„Herzensschlampereien“ mit spielerischen Sommerflirts und gesellschaftlichem Strandleben inmitten eines berauschenden Naturschauspiels. Michael Horowitz über Hilde Spiel, Arthur Schnitzler, Friedrich Torberg und Barbara Frischmuth, die bezeugen, mit welchen Gefühlen Seenlandschaften verzaubern können.
Die „schönste Sackgasse der Welt“ nennt Friedrich Torberg Altaussee. Das Leben hier unterliegt schon immer speziellen Gesetzen. Gelassen erwarten die Einheimischen jedes Jahr die Sommerfrischler, die sich gleich in Hirschlederne und Dirndl schmeißen, weil sie hoffen, in diesem ländlichen Biotop auch eine Rolle spielen zu dürfen. In einer magischen Kulisse, vor der Trisselwand und dem Loser, einem Ausläufer des Toten Gebirges – in dem sich schon Kaiserin Sisi auf einsame Wanderungen begab.
Der nur 2,1 Quadratkilometer große Altausseer See erfüllt Arthur Schnitzler zunächst mit Naturgrauen, als er als Kind in die Tiefe des geheimnisvollen Sees blickt, „der scheinbar ohne Grenze mit der umgebenden Nacht in eins zusammenfloss.“ Während der späteren Aufenthalte in der Villa des „Anglobank“-Präsidenten Landesberger, dem heutigen Hotel Seevilla, revidiert Schnitzler sein Urteil und kehrt immer wieder nach Altaussee zurück.
Nicht nur dem Kenner und Beschreiber von Herzensschlampereiengefällt hier das Kammerspiel von Begehren und Betrügen – inmitten eines berauschenden Naturschauspiels. Amouröse Ausrutscher würzen inmitten der „amoralischen Lieblichkeit“ (Hermann Broch) die Sommerfrische. Man lässt sich auf den handgeschnitzten Holzveranden auch durch den Schnürlregen die Konversation nicht vermiesen – Plaudereien über die letzte Bridgepartie oder die nächste Kur in Bad Ischl oder Meran. Ein aristokratischer Bohemien, die Gastgeber-Legende Graf Albert Eltz, beruhigt seine Gäste gerne mit stoischem Gesichtsausdruck: „In Altaussee regnet´s nur zweimal im Jahr: Einmal sechs Wochen und einmal sieben.“