Die Moskauer Stadtbehörden mögen die Demonstranten von der Straße vertrieben haben. Ihr Glaubwürdigkeitsproblem hat sich dadurch nur noch verstärkt.
Moskau. Es waren Bilder wie aus zwei getrennten Welten: Im Moskauer Zentrum zerrten und knüppelten Polizisten die für freie Wahlen protestierende Großstadtjugend von den Straßen. Vor St. Petersburg ließ sich Präsident Wladimir Putin unterdessen in einem durchsichtigen Tauchboot an den Grund des Finnischen Meerbusens versenken, um ein im Zweiten Weltkrieg untergegangenes U-Boot zu inspizieren. Putin auf Tauchstation: Ein ungewollt ironischer Kommentar zu dem teilweise brutalen Polizeieinsatz. Der Staatschef, der gestern der traditionellen Marine-Parade in St. Petersburg beiwohnte, äußerte sich bisher nicht zu den verstörenden Szenen aus der Hauptstadt.
Der Polizeieinsatz am Samstag war massiv gewesen und erinnerte angesichts der hohen Zahl an Festnahmen (beinahe 1400) an das Durchgreifen bei den Antiregierungsprotesten 2011/12. Sicherheitskräfte hatten Teile der Innenstadt mit Sperrgittern abgeriegelt. Auch Passanten, die sich zufällig in der Nähe des Moskauer Bürgermeisteramts befanden, wurden in Polizeibusse verfrachtet. Ordnungskräfte setzten Schlagstöcke und Taser gegen Teenager ein. Jugendliche suchten in einer Kirche Zuflucht. Ziel des Einsatzes war, die mit den Behörden nicht abgestimmte Kundgebung noch vor Beginn aufzulösen. Das gelang nur bedingt.