„Equal Pay“ – Nachspiel für Amerikas Fußball

Chefin im US-Team: Megan Rapinoe.
Chefin im US-Team: Megan Rapinoe.(c) APA/AFP/FRANCK FIFE
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Der US-Verband behauptet, seinen Fußballerinnen mehr zu bezahlen als den Männern. Die Zahlen sind aber kaum vergleichbar, die Weltmeisterinnen wittern weiterhin Diskriminierung – und wissen die Öffentlichkeit hinter sich.

Chicago. Der Druck auf den US-Fußballverband ist gestiegen. Im März hatten 28 Nationalspielerinnen eine Bundesklage auf „geschlechtsspezifische Diskriminierung“ eingereicht und gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen gefordert. Spätestens als Megan Rapinoe und Co. vor gut drei Wochen in Frankreich zum zweiten Mal in Folge die WM gewannen – US-Medien berichteten umfangreich wie nie zuvor –, erhielten sie Rückenwind von allen Seiten.

Teamsponsor Procter & Gamble zahlte an jede der 23 Weltmeisterinnen 23.000 Dollar (20.624 Euro), um die Lohnkluft zu verringern. Über 50 Kongressmitglieder empörten sich in einem Brief an den Verband, der demokratische Senator Joe Manchin schlug vor, Bundesmittel für die Männer-WM 2026 in den USA zu stoppen, falls „U.S. Soccer“ nicht einlenkt. Und im Parc Olympique Lyonnais, wo die USA im WM-Finale die Niederlande bezwungen hatten, skandierten die Zuschauer: „Equal Pay!“ (Gleicher Lohn!)

Die Klage der Spielerinnen ist mittlerweile vom Tisch, man wollte sich außergerichtlich einigen, schließlich stand die WM vor der Tür. Weil der Streit nun aber hinter den Kulissen weitergeht, ging der Verband jetzt in die Offensive. In einem Brief rechnete Soccer-Präsident Carlos Cordeiro vor, dass man von 2010 bis 2018 34,1 Millionen Dollar (30,58 Millionen Euro) an Gehältern und Boni an Rapinoe und Co. ausgezahlt hat – und nur 26,4 Millionen Dollar (23,63 Millionen Euro) an die Männer. Dabei seien jene Leistungen noch gar nicht einberechnet, die nur die Frauen erhalten, Gesundheitsvorsorge etwa.

Die Boni der Männer

Der US-Fußball gilt als Vorreiter im weltweiten Frauensport also, in dem noch immer ein beträchtliches Lohngefälle herrscht? Manche Preisgelder mögen angeglichen worden sein, siehe Tennis, siehe alpiner Skisport. Dank größerer Popularität und Sponsoren sind es aber stets die Männer, die entsprechende Topverdiener-Listen anführen. „Forbes“ weist unter den 100 bestverdienenden Sportlern der Welt nur eine Frau auf: Tennisstar Serena Williams auf Platz 63.

Auch die Zahlen des US-Verbandes sind kaum geeignet, Vergleiche anzustellen. Denn die Fußballerinnen erhalten ein Fixum. Cordeiro zufolge 100.000 Dollar, das sind 89.670 Euro, pro Jahr. Die Männer? Sie werden vor allem mit Antrittsgeldern und Prämien entlohnt. Deren Höhe ist nicht bekannt, allerdings hat der Verband erklärt, dass Männer höhere Boni einspielen als Frauen. Und dieser Umstand ruft wiederum prompt die Spielerinnen auf den Plan. „Das allein ist schon die Definition von Geschlechterdiskriminierung“, meinte Molly Levinson, die Sprecherin der Weltmeisterinnen.

Nicht nehmen ließ sich der Verband, auf Folgendes hinzuweisen: Obwohl das Frauenteam viel erfolgreicher sei, würden doch die Männer (nicht für die WM 2018 qualifiziert) mehr Umsatz bringen. Sie hätten im vergangenen Jahrzehnt mit 191 Spielen 185,7 Mio. Dollar (166,5 Mio. Euro) generiert. Die Frauen mit 238 Partien 101,3 Mio. Dollar (90,8 Mio. Euro). (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2019)

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