Schreddern: Kabinett Bierlein will sich nicht an "Auseinandersetzung" beteiligen

Arrival of the Austrian Chancellor Brigitte Bierlein at the Special European Summit of 30 June 2019
Arrival of the Austrian Chancellor Brigitte Bierlein at the Special European Summit of 30 June 2019(c) imago images / Le Pictorium (Nicolas Landemard / Le Pictorium via www.imago-images.de)
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Im Bundeskanzleramt - wo die Schredder-Causa ihren Ausgang nahm - verweist man nach wie vor auf eine interne Evaluierung: Man untersuche sowohl die ÖVP-FPÖ- als auch die SPÖ-ÖVP-Regierung.

Die Beamtenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein will sich nicht an der "Auseinandersetzung zwischen der Vorgängerregierung und der Vorvorgängerregierung" um das Schreddern von Datenträgern im Bundeskanzleramt beteiligen. Das sagte Regierungssprecher Alexander Winterstein am Mittwoch nach der letzten Ministerratssitzung vor der Sommerpause. Die interne Evaluierung der Vorgänge laufe.

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Aktuelle Wortmeldungen kommentiere man nicht. Neben den Untersuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) werde aber auch intern daran gearbeitet, den Sachverhalt vollumfänglich zu erheben. Dies betrifft laut Winterstein nicht nur das heuer abgesetzte türkis-blaue Kabinett unter Sebastian Kurz (ÖVP), sondern auch Rot-Schwarz unter Christian Kern (SPÖ).

Die Causa war überhaupt erst aufgekommen, nachdem die „Soko Ibiza“ in der ÖVP-Zentrale vorstellig geworden war und einen ehemaligen Mitarbeiter von Kurz' Kanzleramt dort abgeholt hatte. Dieser hatte Festplatten aus dem Kanzleramt privat, unter Angabe eines falschen Namens, bei einem Privatunternehmen vernichten lassen - und anschließend die Rechnung nicht bezahlt. Durch eine folgende Anzeige des Unternehmers wurde die Polizei auf ihn aufmerksam.

Keine Antwort zu Kurz' Kabinettsakten

Der Regierungssprecher versprach eine gründliche und vollständige Beantwortung der vorliegenden parlamentarischen Anfragen. Ob dies schneller als in der vorgegebenen Frist von zwei Monaten geschehen werde, ließ er offen. Geschwindigkeit sei nicht das Wichtigste, die scheibchenweise Bekanntgabe einzelner Erkenntnisse schloss er aus.

Zur Frage, was denn die normale Vorgangsweise mit sensiblen Daten im Bundeskanzleramt sei, verwies Winterstein auf die Vorschriften des Bundesarchivgesetzes. Ob diese ausreichend seien, sei Teil der Evaluierung. Über etwaige Nachschärfungen könne man dann diskutieren.

Nicht erklären konnte der Regierungssprecher, wie interne Dokumente über Datenträgervernichtungen nach dem Ende des Kabinetts Kern zuletzt aus dem Bundeskanzleramt an Medien gelangt waren. Und auch zur Frage, was mit Kurz' Kabinettsakten geschehen sei, gab es keine Antwort.

Kein Kommentar zu parteipolitischem Tagesgeschehen

Nicht äußern wollte sich Winterstein auch zum Niveau des aktuellen Wahlkampfs. Er wolle das parteipolitische Tagesgeschehen nicht kommentieren, sagte er, und verwies er auf den Arbeitsstil Bierleins. "Das ist der Beitrag, den die Kanzlerin und wir als Regierung leisten können", sagte er.

Das nächste Mal tritt der Ministerrat am 4. September zusammen. Seit der Angelobung Anfang Juni hat er acht Mal getagt, 133 Beschlüsse wurden gefasst. Die Arbeit des Beamtenkabinetts lobte er als "sehr sorgfältige, umfangreiche Tätigkeit", und den Anspruch, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen, die Republik mit ruhiger Hand zu leiten und wichtige (Personal-)Entscheidungen auf europäischer Ebene zu treffen, sah er erfüllt.

(APA/Red.)

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