"Ich möchte einen neuen Pakt für Migration und Asyl vorschlagen, weil ich denke, dass wir eine neue und frische Sicht (...) auf Migration brauchen", sagte von der Leyen am Freitag in Rom.
Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bei einem Besuch in Italien für einen "neuen Pakt" in der EU-Einwanderungspolitik geworben. "Ich möchte einen neuen Pakt für Migration und Asyl vorschlagen, weil ich denke, dass wir eine neue und frische Sicht (...) auf Migration brauchen", sagte von der Leyen am Freitag in Rom.
Allen sei klar, dass Migration "nicht weg gehe", sie gehöre zu einer globalisierten Welt dazu, betonte die deutsche Christdemokratin nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte. Daher brauche die Europäische Union "Verfahren, die zugleich effektiv und human sind".
Asyl-Anträge im ersten Land
Die EU-Länder streiten seit langem über die Verteilung von Flüchtlingen. Italien fordert, die sogenannten Dublin-Regeln zum Umgang mit Asylbewerbern zu ändern. Sie sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag in dem EU-Land stellen müssen, in dem sie als erstes europäischen Boden betreten.
Von der Leyen hob hervor, dass die Mittelmeerländer Italien, Spanien und Griechenland dadurch besonders stark belastet seien. Die anderen EU-Länder müssten nun mehr Solidarität beweisen.
"Wir müssen die Dublin-Regeln anpassen, um die Migrationsströme effizienter zu bewältigen", forderte von der Leyen, die ab dem 1. November die EU-Kommission leiten soll. "Wir können nicht denken, dass das nur ein Problem derjenigen Länder ist, in denen Migranten zuerst ankommen." Ähnlich äußerte sich auch Conte.
„Keine Spaltung“ in Europa als Hauptziel
Von der Leyen und Conte sprachen auch über das Thema EU. "Mein politisches Hauptziel ist die Überwindung von Spaltungen zwischen Nord- uns Südeuropa, zwischen Westen und Osten, zwischen kleinen und großen EU-Ländern", erklärte die designierte EU-Kommissionspräsidentin. Conte wollte der Kommissionspräsidentin auch den Namen des künftigen italienischen EU-Kommissars vorschlagen. "Wir beanspruchen ein Wirtschaftsressort. Das entspricht der Verantwortung, die Italien in dieser EU-Legislaturperiode übernehmen will", sagte der Premier.
Die rechtspopulistische Regierung von Conte fährt einen besonders strikten Kurs in der Einwanderungspolitik. Innenminister Matteo Salvini, der der rechtsextremen Lega vorsteht, hat die Häfen seines Landes für Hilfsschiffe, die Bootsflüchtlinge im Mittelmeer retten, geschlossen.
Daher müssen an Bord der Hilfsschiffe immer wieder Flüchtlinge wochenlang ausharren, bevor geklärt ist, wo sie an Land gehen dürfen. Zurzeit sind die "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye sowie die "Open Arms" der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms mit insgesamt 164 Migranten an Bord im Mittelmeer auf der Suche nach einem sicheren Hafen. EU-Kommissionssprecherin Mina Andreeva sagte am Freitag, die Brüsseler Behörde sei in Gesprächen mit den EU-Mitgliedsstaaten, um eine Aufnahme der 40 Migranten an Bord der "Alan Kurdi" zu erreichen.
Die italienische Regierung sorgt auch mit ihrer Weigerung, sich den EU-Budgetvorgaben zu fügen, für Unmut in Brüssel und den anderen EU-Hauptstädten. Die anderen Mitgliedsstaaten haben bisher aber kein Defizitverfahren gegen Rom eingeleitet. Zwiespältig ist die Haltung der Regierungskoalition zur künftigen Kommissionspräsidentin. Während die Europaabgeordneten der Fünf-Sterne-Bewegung bei der Abstimmung Mitte Juli für von der Leyen stimmten und ihr damit zum Erreichen der absoluten Stimmenmehrheit verhalfen, versagte die rechtspopulistische Lega der designierten Kommissionspräsidentin die Unterstützung.
(APA)