Italiens Premier Giuseppe Conte wurde stets als Marionette seiner mächtigen Vizes belächelt. Nun bietet er ihnen die Stirn – und versucht, den EU-Kurs zu bewahren: Die Wähler sind begeistert.
Wien/Rom. Viele Monate war er der belächelte „Signor Nessuno“ (Herr Niemand): Als Giuseppe Conte im Juni 2018 überraschend Premier der ungewöhnlichsten Regierung der EU – der Koalition aus rechtspopulistischer Lega und Fünf-Sterne-Bewegung – wurde, schüttelte man in den meisten EU-Hauptstädten den Kopf. Wie sollte dieser unbekannte Rechtsanwalt ohne politische Erfahrung die chronisch kriselnde, drittgrößte Euro-Volkswirtschaft lenken? Zumal nun radikale Kräfte das Sagen hatten, die auf EU-Sparziele pfiffen und es auf eine Totalkonfrontation mit EU-Institutionen abgesehen hatten.
Die Meinung war von Tag eins an einhellig: Der parteilose Conte sei eine Marionette der Fünf-Sterne-Bewegung, die auch die Lega nach ihren Bedürfnissen führen würde. Der eitle Jurist mit dem frisierten Lebenslauf sei der nützliche Idiot seiner mächtigen Vizepremiers, Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und Lega-Boss Matteo Salvini.
Bei seinem Parlamentsdebüt bestätigte der Uni-Professor denn auch alle Klischees: Vor einer Wortmeldung bat er Di Maio um Erlaubnis – und erhielt eine Abfuhr. Ganz Italien verfolgte die Szene im Fernsehen, auf allen Medien wurde sie hämisch kommentiert. In Rom und in Redaktionen zirkulierten Conte-Witze: Man lachte über seine teuren Jacketts, über das Heiligenbildchen von Padre Pio, das der Premier immer bei sich hat