"For Forest"-Kunstprojekt: "Es wird Bäumen durchaus Gewalt angetan"

++ HANDOUT ++ ´FOR FOREST´: BLEISTIFTZEICHNUNG ´DIE UNGEBROCHENE ANZIEHUNGSKRAFT DER NATUR´
++ HANDOUT ++ ´FOR FOREST´: BLEISTIFTZEICHNUNG ´DIE UNGEBROCHENE ANZIEHUNGSKRAFT DER NATUR´(c) APA/FOR FOREST/MAX PEINTNER (MAX PEINTNER)
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Ein künstlich verpflanzter Mischwald wird bei "For Forest" das Kärntner Wörthersee-Stadion ausfüllen. Es gibt auch kritische Stimmen zur Kunstinstallation.

"For Forest heißt das große Kunstprojekt von dem Schweizer Initiator Klaus Littmann , das ab 9. September das Kärntner Wörthersee-Stadion ausfüllen soll. Dabei handelt es sich um einen künstlich verpflanzten Mischwald. 16 verschiedene Baumarten listet das Team um Landschaftsarchitekt Enzo Enea auf. Zahlenmäßig am stärksten vertreten ist die Birke, gefolgt von Zitterpappel, Lärche und Stieleiche, dargestellt werden soll nämlich ein Mischwald, wie er in freier Natur nur mehr selten zu finden ist.

Derzeit sind die 299 Laub- und Nadelbäume auf einem Acker nahe des Stadions gelagert. Die Wurzelballen sind eingepackt, die Bäume werden bewässert und gepflegt. Mit Spanngurten sind die sie am Boden fixiert. Doch noch in dieser Woche geht es an den neuen Standort: Dann übersiedeln sie ins Stadion. Nach Ende der Installation soll der Wald erhalten bleiben, die Bäume sollen so, wie sie im Stadion gestanden sind, fix auf einem Grundstück eingepflanzt werden. Wo genau das sein wird, steht noch nicht fest.

Kritik an der "For Forest"-Installation gibt es von der Opposition der Kärntner Landesregierung. Auch Umwelthistorikerin Verena Winiwarter sieht das aufsehenerregende Projekt allerdings kritisch. Im Zuge dieser gärtnerischen Natur-Nachahmung werde "den Bäumen durchaus Gewalt angetan", sagte sie.

Kunstaktion bringt Wald ins Stadion
Kunstaktion bringt Wald ins Stadion(c) APA

Das Spielfeld werde "gänzlich von einem Mischwald in Besitz genommen", heißt es auf der Homepage des Projekts. Aus umwelthistorischer Sicht werde hier "unpräzise formuliert oder gedacht", so die Forscherin vom Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Vielmehr nehme "ein Landschaftsarchitekt Besitz von diesem Stadion und benützt dazu Bäume, die er nach ihm genehmen Kriterien auswählt, wodurch ein Park oder Garten entsteht", der nur für begrenzte Zeit so wirken soll als hätte sich die Natur der Fläche bemächtigt.

Spuren des Menschen noch nach 2000 Jahren nachweisbar

"Einen Wald dazu einzuladen, von einer Fläche Besitz zu ergreifen", sei grundsätzlich unmöglich, so Winiwarter. Auch wenn sich der Mensch von einer vormals genutzten Fläche zurückzieht, bleibt sein Einfluss erstaunlich lange präsent. So könne man etwa noch heute in Wäldern des französischen Zentralmassivs aufgrund der Vegetation darauf schließen, wo vor rund 2000 Jahren römische Gebäude standen, da Kalzium aus dem Mörtel dort bis heute anderen Pflanzen als in der Umgebung das Wachsen ermöglicht, so ein anschauliches Beispiel aus der Umweltgeschichte.

Auch stelle sich beim Klagenfurter Projekt die Frage, ob dem Mischwald als gesamtes Ökosystem Rechnung getragen wird, das in seiner natürlichen Form auch Bodenorganismen oder Eichhörnchen, Vögel und Wild umfasst. Ob der von den Initiatoren etwa als "monumentale Installation" bezeichnete Aufbau wie behauptet "den Blick auf die Zukunft der Mensch-Natur Beziehung schärfen" könne, ist für Winiwarter überdies fraglich - auch weil die Realisierung "nur durch massiven Einsatz von fossiler Energie und Technologie möglich ist".

Bleistiftzeichnung als Ausgangspunkt

Als Ausgangspunkt für das Projekt dient die Bleistiftzeichnung "Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur" des österreichischen Künstlers und Architekten Max Peintner aus den Jahren 1970/71. Sie zeigt ein mit Zuschauern besetztes Stadion in einer Großstadt, auf dessen Spielfeld sich ein Wald statt eines Sportevents findet.

Peintners Arbeit sei im besten Sinne "verstörend, ich finde sie großartig, und sie wirkt bis heute", so Winiwarter. Seine Idee nun "in natura" umzusetzen, erscheine ihr jedoch wie "ein Nachstellen eines Bildes durch lebende Personen. Allerdings werden nicht Personen verwendet, die das freiwillig tun, sondern Lebewesen, die eigens für solche Zwecke gezüchtet wurden und sich nicht freiwillig beteiligen".

Darzustellen, dass Natur in Zukunft möglicherweise nur noch in eng umschriebenen Umgebungen - ähnlich einem Zoo - zu erleben sein könnte, habe zwar durchaus seinen Reiz. Ein Zoo sei aber dem Schutz der Arten verpflichtet und bemühe sich um deren Erhaltung. Wenn "For Forest" nun mit speziell auf die Verpflanzung hingezüchteten Bäumen aus mitunter weit entfernten Baumschulen - aus Italien, Belgien und Norddeutschland - arbeite, habe das mit einer Hinführung zur Natur wenig zu tun, auch wenn die Bäume nachher in einem Park angepflanzt werden. "Baumschulbäume auf einer Platte sind kein Wald", so Winiwarter.

"Das instrumentell-kontrollierende Verhältnis der Menschen zur Natur"

Für sie bringt "die Installation das derzeitige, instrumentell-kontrollierende Verhältnis der Menschen zur Natur auf den Punkt", behaupte von sich selbst aber das Gegenteil: "Das kann Teil eines dialektischen Spiels sein, mich persönlich überzeugt es schon deswegen nicht, weil der ökologische Fußabdruck der Installation vermutlich recht bedeutend ist."

Das Rahmenprogramm

Wenn im September und Oktober die Kunstinstallation "For Forest" im Klagenfurter Wörthersee-Stadion über die Bühne geht, dann wird das nicht die einzige künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Wald sein. Mehr als 70 Programmpunkte in Klagenfurt sind angekündigt, eingebunden werden Galerien, Theaterinitiativen, Literaten und Kinos.

Bereits Tage vor der offiziellen Eröffnung von "For Forest" finden Vernissagen zum Thema statt. Die "Galerie 3" lädt ab 5. September zu einer Max Peintner-Ausstellung, dessen Zeichnung "Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur" ja "For Forest"-Initiator Klaus Littmann zu dem Projekt inspiriert hatte. Am selben Tag wird die Ausstellung "Touch Wood" in der Stadtgalerie Klagenfurt eröffnet. Die Gruppenausstellung zeigt die vielfältigen Motive des Waldes. Im Museum Moderner Kunst Kärnten (MMKK) heißt das Motto ab 19. September ebenfalls "Touch Wood".

Vor dem Architekturhaus Kärnten wird am 6. September eine Holz-Installation von Peter Kaschnig und Kurt Pock präsentiert. Weitere Ausstellungen zum Thema Wald, Holz oder Baum gibt es im "Raum 8", direkt im Architekturhaus, im Künstlerhaus, in der Galerie de La Tour, im Kunsthaus Kollitsch und im Raum für Fotografie.

"Wenn man an Kultur in Klagenfurt denkt, so denkt man gleich an Literatur", hatte Littmann gesagt - da war es naheliegend, dass man auch diesem Bereich zur "For Forest"-Zeit Aufmerksamkeit schenkt. Im Musil-Haus in der Bahnhofstraße gibt es jeden Dienstag und Donnerstag im September und Oktober Lesungen mit Bezug zum Thema Baum oder Wald: "Mein Vater ist ein Baum" (Lukas Meschik), "Aufbäumen" (Autorinnengruppe scribaria), "Es singen die Steine" (Gert Jonke), "Betrunkene Bäume" (Ada Dorian) oder "Wald" (Doris Knecht) stehen am Programm.

Auch die Leinwände werden im Rahmen von "For Forest" erobert. Cine City und Wulfenia Kino zeigen bei freiem Eintritt Filme mit Wald- und Naturbezug, wie "Fitzcarraldo", "Plastic Planet", "Das grüne Wunder - Unser Wald" oder "Das Geheimnis der Bäume". Musikalisch wird es in der Villa For Forest in der Innenstadt, wo einige Konzerte geplant sind.

Und auch das Schauspiel kommt nicht zu kurz. Das Ensemble des Wiener Burgtheaters präsentiert am 1. Oktober im Stadion "Die Hermannschlacht" von Heinrich von Kleist in einer ersten, öffentlichen Leseprobe - immerhin spielt das Stück ja im Teutoburger Wald. Das "klagenfurter ensemble" führt Dantes "13. Gesang der Hölle" als Doppelstück auf: Den ersten Teil im Stadion, den zweiten Teil im Theater Halle 11.

(APA)

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