Innenminister Peschorn vermutet eine mögliche Manipulation eines der Videos, die eine Debatte um Polizeigewalt ausgelöst hatten. Gegen die beteiligten Polizisten wurden bisher keine Disziplinarmaßnahmen verhängt.
Bei einer Klima-Demonstration, die am 31. Mai in Wien stattgefunden hat, soll es zu mehreren Fällen von Polizeigewalt gegen Aktivisten gekommen sein. Im Zusammenhang mit zwei Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen fünf Polizeibeamte, Disziplinarmaßnahmen wurden bisher keine eingeleitet. Nun wurden mit der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen der Liste JETZT und NEOS Details bekannt.
Zwei Personen seien nach Kenntnis der Landespolizeidirektion verletzt worden, hieß es in der Anfragebeantwortung. Eine Person habe eine Rissquetschwunde im Kopfbereich und über Schmerzen im linken Unterkiefer geklagt, sowie über Druckstellen, Abschürfungen an den Handgelenken und Prellungen (im Rückenbereich, Handgelenke, Beine).
Innenminister vermutet Videobearbeitung
Die zweite Person ist auf einem der veröffentlichten Videos zu sehen, das in den Sozialen Medien die Runde machte und die Person zeigte, wie sie von Polizisten am Boden fixiert wurde. Laut Aussagen des Beamten wurden zwei bis drei Schläge ausgeführt, während auf dem Video mehr Schläge zu sehen sind. Dies lässt sich für Innenminister Wolfgang Peschorn „wohl auf die nachfolgende Bearbeitung (Wiederholung von Sequenzen)“ zurückführen. Es habe nicht verifiziert werden können, dass Polizisten „in die Nieren“ riefen. Laut Ermittlungen hätte der Betroffene geschrien: „Sie treten mich in die Nieren.“ Der Amtsarzt habe bei dem Mann u.a. einen Bluterguss über dem linken Schulterblatt, oberflächliche Kratzer im Bereich des linken Schulterblatts sowie multiple Blutergüsse am linken Oberarm festgestellt.
In einem anderen Video war ein Aktivist zu sehen, der von Polizeibeamten unter einem Polizeiwagen festgehalten wurde. Das Polizeiauto war angefahren, und es entstand der Eindruck, der Wagen würde über den Kopf des Aktivisten fahren.
Vom Lenker des anfahrenden Einsatzfahrzeuges sei nach den bisherigen Ermittlungen „nicht wahrgenommen worden, dass im unmittelbaren Nahbereich des Fahrzeugs eine Fixierung stattfand“, heißt es in dem Bericht. Die einschreitenden Exekutivbeamten hätten „sich selbst und die betroffene Person laut Peschorn jedoch raschest möglich aus dem Gefahrenbereich gebracht.“
Ein Beamter im Innendienst
Bisher wurden im Zusammenhang mit diesen Vorfällen keine Beamten suspendiert oder Disziplinarverfahren eingeleitet, da der Sachverhalt noch nicht abschließend festgestellt sei und eine Suspendierung nicht gerechtfertigt wäre, hieß es in der Anfragebeantwortung. Ein Beamter wurde in den Innendienst versetzt.
Auch Daten zu den gemeldeten und der Staatsanwaltschaft berichteten Fällen von Misshandlungsvorwürfen gegen Exekutivbedienstete seit 2017 wurden bekanntgegeben: In Wien gab es mit großem Abstand die meisten: 2017 waren es 282 Fälle, 2018 251 Fälle und heuer wurden bis zum 15. Juni 127 Fälle verzeichnet. Es wurden seit 2017 nur zwei Disziplinarmaßnahmen in der Bundeshauptstadt eingeleitet. Sonst gab es nur in Oberösterreich zwei Disziplinarverfahren (2018) und eines in der Steiermark (2017).
(APA)