Studium: Mehr Frauen als Männer in der Medizin

12.960 Bewerber ritterten beim Aufnahmetest am 5. Juli um die 1680 Medizinstudienplätze. Es hat also nur etwa jeder Achte einen Platz ergattert.
12.960 Bewerber ritterten beim Aufnahmetest am 5. Juli um die 1680 Medizinstudienplätze. Es hat also nur etwa jeder Achte einen Platz ergattert.(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Rund 58 Prozent der Studienplätze gehen an Frauen. Beim Aufnahmetest haben aber die Männer besser abgeschnitten. Es herrsche dennoch „größtmögliche Gender-Fairness“.

Wien. Die lang ersehnte Nachricht landete am Montag um 6.46 Uhr im E-Mail-Postfach der Bewerber. „Es freut uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie aufgrund des von Ihnen erzielten Testergebnisses (. . .) den gewünschten Studienplatz für das Studium der Humanmedizin (. . .) erhalten“, war darin allerdings verhältnismäßig selten zu lesen. Denn im Postfach von 11.280 Bewerbern landete eine Absage. Nur 1680 Interessenten hatten Grund zur Freude. Sie werden im Herbst ihr Medizinstudium in Österreich beginnen.

Unter den Glücklichen sind heuer erneut deutlich mehr Frauen als Männer. 968 Frauen und 712 Männer werden an einem der vier Standorte das Medizinstudium aufnehmen. Der höhere Frauenanteil liegt allerdings nicht an besseren Testergebnissen der Interessentinnen. Im Gegenteil. Ihnen ist der MedAT, wie der österreichweit einheitliche Aufnahmetest heißt, sogar schwerergefallen. Denn unter den Testteilnehmern war der Frauenanteil noch deutlich höher. Heuer lag er bei 62 Prozent. Nun gehen allerdings „nur“ 58 Prozent der Studienplätze an Frauen (siehe Grafik).

Schwankende Erfolgsquoten

Der Andrang zum Medizinstudium war heuer so groß wie noch nie. Es wird vor allem bei Frauen seit Jahren immer beliebter. Ihre Quote ist unter den Testteilnehmern in den vergangenen vier Jahren von 59 Prozent auf die jetzigen 62 Prozent angewachsen.
Die Erfolgsquoten schwanken dagegen etwas. Der Frauenanteil bei den Aufgenommenen betrug 2015 rund 52 Prozent, ein Jahr später waren es 56 Prozent, 2017 etwa 53 Prozent, im Vorjahr 57 Prozent und nun eben 58 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Gendergap kleiner geworden.

Diese Kluft zwischen den Geschlechtern, die sich seit der Einführung des Medizintests abzeichnet, sorgte früher für größere Diskussionen. Damals, noch bevor der MedAT vor sechs Jahren eingeführt wurde, war sie aber auch deutlich eklatanter als heute. Frauen waren beim sogenannten EMS-Test zwar bei den Bewerbern in der Überzahl, erhielten aber nur 43 Prozent der Plätze. Deshalb versuchten die Universitäten gegenzulenken. Die Medizin-Uni Wien tat das auf ihre eigene Art und Weise und führte einen Frauenbonus ein.

Sie wertete im Jahr 2012 die Ergebnisse getrennt nach Geschlechtern aus und gewichtete sie. So verschob sich die Reihung. Mit diesem Frauenbonus musste sich dann sogar der Verfassungsgerichtshof beschäftigen. Laut diesem war das Vorgehen rechtskonform. Es habe sich um eine verhältnismäßige Ausnahme gehandelt, „um eine (weitere) strukturelle Benachteiligung von Frauen bei der Anwendung des EMS (so hieß der Test, Anm.) zu vermeiden“, lautete damals die Begründung.

Das ist allerdings lang her. Heute stört sich kaum noch jemand an der kleinen Kluft zwischen den Geschlechtern. Der Test beurteile die Fähigkeiten unabhängig vom Geschlecht, sagt Anita Rieder, Vizerektorin der Med-Uni Wien. Er biete die „größtmögliche Gender-Fairness“.

Nationalität nicht erhoben

Rein nach den Testergebnissen werden die Studienplätze dennoch nicht vergeben. Die Herkunft spielt weiterhin eine Rolle. 75 Prozent der Studienplätze sind für Kandidaten mit österreichischem Reifeprüfungszeugnis reserviert. 20 Prozent gehen an andere EU-Bürger (meist an Deutsche) und fünf Prozent an Drittstaatsangehörige. Die Quotenregelung, die den Medizinernachwuchs in Österreich sicherstellen soll, wurde von der EU-Kommission akzeptiert – allerdings nur im Bereich der Humanmedizin und nicht in der Zahnmedizin.

Dort gibt es heuer erstmals keine Quote mehr. Insofern wäre es spannend zu erfahren, wie hoch der Ausländeranteil unter den Studienanfängern ist. Das bleibt allerdings ein Geheimnis. Die Nationalität werde, wie es auf Anfrage der „Presse“ hieß, nicht erhoben beziehungsweise nicht kommuniziert. Die Bundesländerzugehörigkeit aber offenbar schon. Die Medizinfakultät in Linz freute sich in einer Aussendung nämlich über 57 Prozent Oberösterreicher unter den Humanmedizin-Studienanfängern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2019)

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