SPÖ: Die „braunen Flecken“ bei den Roten

Vor allem der Akademikerverband BSA tat sich bei der Rekrutierung ehemaliger Nazis hervor. 2005 wurde der Historikerbericht über die Sozialdemokratie vorgestellt.

Wien. Die ganzen 13 Jahre der Ära Bruno Kreisky, von 1970 bis 1983, war Otto Rösch Minister gewesen, zuerst für Inneres, dann für Landesverteidigung. 1938 war Rösch der NSDAP beigetreten. Während des Krieges war er Lehrer an der Napola, der NS-Eliteschule. 1947 wurde er verhaftet, da er im Verdacht stand, einer nationalsozialistischen Verschwörergruppe angehört zu haben. 1949 wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Rösch war in der SPÖ kein Einzelfall. Vor allem der Bund Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) hatte in der Nachkriegszeit aktiv ehemalige Nationalsozialisten angeworben. Ein bekanntes Beispiel war der Psychiater Heinrich Gross. Wie Ärzte und Juristen überhaupt einen großen Teil der vom BSA angeworbenen Ex-Nazis ausmachten. „B-SA“ hatte Bruno Kreisky den eigenen Akademikerverband einmal genannt.

Die SPÖ hatte zu wenige Akademiker, um die ihnen zugefallenen Posten zu besetzen. Besonders hervorgetan bei der Anwerbung von Ex-NSDAP-Mitgliedern und Interventionen für diese hatten sich der damalige Verstaatlichtenminister Karl Waldbrunner und Justizminister Christian Broda, der zum linken Flügel der Partei gehörte und einst Kommunist war.

„So gut wie keine Bemühungen“ habe es hingegen gegeben, die jüdischen Parteifunktionäre, darunter nicht wenige Akademiker, zurückzuholen, hieß es im 2005 veröffentlichten Historikerbericht zur SPÖ. Initiiert von Sepp Rieder, präsentiert von Caspar Einem, war der Bericht von den Wissenschaftern Wolfgang Neugebauer und Peter Schwarz erarbeitet worden. Der 335 Seiten umfassende Historikerbericht erschien dann auch in Buchform.

In der Regierung von Bruno Kreisky hatte es neben Otto Rösch noch fünf andere ehemalige Nationalsozialisten gegeben. Johann Öllinger, ein ehemaliger SS-Untersturmführer, trat vier Wochen nach seiner Ernennung zum Landwirtschaftsminister zurück. Auch zwei weitere SPÖ-Landwirtschaftsminister, Oskar Weihs und Günther Haiden, hatten eine NS-Vergangenheit. Ebenso Bautenminister Josef Moser. Und Verkehrsminister Erwin Frühbauer, danach Kärntner Landeshauptmannstellvertreter.

Otto Rösch sorgte übrigens auch als Minister für größere Aufregung: Als er den Terroristen Carlos nach dem Opec-Überfall in Wien am Flughafen Schwechat per Handschlag verabschiedete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2019)

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