Die Volkspartei präsentierte im Vorjahr einen Bericht über die NSDAP-Mitgliedschaft ihrer Funktionäre.
Wien. Auch die ÖVP ließ sich Zeit. Erst nachdem die SPÖ ihre früheren Verbindungen zum Nationalsozialismus aufarbeitete, kündigte die Volkspartei eine Aufarbeitung ihrer Vergangenheit an. Mehr als zehn Jahre später, im Jahr 2018, war es dann soweit: In einem 200 seitigen Bericht wurde die „NS-Repräsentanz von Politikern und Mandataren mit NS-Vergangenheit in der ÖVP von 1945 bis 1980“ aufgearbeitet.
Im Auftrag des ÖVP-nahen Vogelsang-Instituts hatte der Restitutionsforscher Michael Wladika – nach dem Tod seiner Historikerkollegin Doris Sottopietra – die Biografien von 560 ÖVP-Politikern untersucht. Es ging um die Frage nach einer Mitgliedschaft in der NSDAP oder ihren Wehrverbänden (SA, SS). Dabei konzentrierte sich der Bericht auf Regierungsmitglieder, Parlamentarier, Landeshauptleute, Landesräte und Landtagspräsidenten.
Das Ergebnis: Rund 6,4 Prozent der untersuchten Personen waren NSDAP-Mitglieder. Berechnet man die Zweifelsfälle mit ein, kamen die Historiker auf 9,5 Prozent. Damit entspricht der Nazi-Anteil laut Bericht etwa dem statistischen Schnitt der Gesamtbevölkerung in Österreich: 7,5 Prozent waren Mitglied in der NSDAP oder ihren Wehrverbänden. Wladika selbst gab in dem Bericht zu bedenken, dass die Mitgliedschaft zwar erfasst wurde, das Verhalten von (anderen) Personen während des Nationalsozialismus aber nicht im Fokus gestanden sei. (ib)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2019)