Rassismus nein, Diskriminierung ja: Tönnies stellt Amt ruhend

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Gelsenkirchen Germany 30 06 2019 Mitgliederversammlung 2019 des FC Schalke 04 Aufsichtsrat Clemenimago images / DeFodi
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Der Ehrenrat des deutschen Bundesligisten FC Schalke betrachtet den Rassismus-Vorwurf gegen den Aufsichtsratschef als unbegründet. Tönnies lässt sein Amt drei Monate ruhen.

Aufsichtsratschef Clemens Tönnies ist beim FC Schalke einer Amtsenthebung entgangen, lässt sein Amt aber für drei Monate ruhen. Diese Entscheidung gab der deutsche Fußball-Bundesligist am Dienstagabend nach einer mehrstündigen Sitzung des Ehrenrates bekannt.

Das Gremium kam zu dem Ergebnis, "dass der gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden des S04, Clemens Tönnies, erhobene Vorwurf des Rassismus unbegründet ist", wie es in der Mitteilung hieß. Vorzuwerfen sei dem 63-Jährigen allerdings, "gegen das in der Vereinssatzung und im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen zu haben". Der Unternehmer habe "diese – insbesondere den Vorsitzenden des Aufsichtsrats treffende – Pflicht verletzt", hieß es weiter. Tönnies habe den Verstoß eingeräumt "und ein weiteres Mal sein Bedauern zum Ausdruck gebracht", teilte der Ehrenrat mit.

Tönnies muss viel Kritik einstecken

Tönnies hatte in der Vorwoche in Paderborn bei einer Veranstaltung Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn"s dunkel ist, Kinder zu produzieren", hatte Tönnies gesagt.

Ungeachtet der harschen öffentlichen Kritik an den von vielen als rassistisch kritisierten Äußerungen des Fleischfabrikanten verzichtete das Vereinsgremium darauf, Tönnies seines Amtes als Aufsichtsratschef zu entheben. Diese Funktion hat er seit 2001 inne; Tönnies war noch vor wenigen Wochen von den Mitgliedern wiedergewählt worden. Nach drei Monaten will er seine Tätigkeit im Schalke-Aufsichtsrat wieder aufnehmen. "Der Ehrenrat begrüßt die Haltung von Clemens Tönnies und nimmt beide Erklärungen zustimmend zur Kenntnis", erklärte das fünfköpfige Gremium.

Afrika-Beauftragter: „Ehrliche dDskussion"

Kritiker aus Politik und Sport hatten Tönnies' verbalen Fehltritt "deplatziert" oder "primitiv" genannt. Die deutsche Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von "dumpfem Rassismus". Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International Deutschland, erkannte bei Tönnies eine "hoch problematische Geisteshaltung". Andreas Rettig, scheidender Geschäftsführer des Zweitligisten FC St. Pauli, warf diesem eine "Gutsherren-Mentalität" vor.

Der Persönliche Afrikabeauftragte von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Günter Nooke (CDU), fordert nach der Kritik an den Äußerungen von  Tönnies eine ehrliche Debatte zu diesem Thema. "Die von Tönnies angesprochenen Probleme wie das Verschwinden des Regenwalds und das Bevölkerungswachstum auf dem afrikanischen Kontinent sind real und darüber muss gesprochen und gegebenenfalls kontrovers diskutiert werden", sagte Nooke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Schalker Fan-Initiative kündigt Widerstand an

Selbst der ehemalige Schalke-Profi Gerald Asamoah, langjähriger königsblauer Weggefährte von Tönnies, äußerte öffentlich Kritik. Er sei "sehr überrascht, geschockt und auch verletzt", schrieb der gebürtige Ghanese und Manager des Schalker U23-Teams auf Twitter und forderte Konsequenzen: "Er beleidigt mich und alle anderen Betroffenen. Das können wir nicht dulden."

Schon wenige Stunden vor der Sitzung hatte die Schalker Fan-Initiative Widerstand für den Fall einer ausbleibenden Sanktionierung angekündigt und den damit den Druck erhöht. "Es wird auf jeden Fall Proteste geben, sollte alles beim Alten bleiben", sagte Susanne Franke von der Schalker Fan-Initiative beim TV-Sender Sky.

Wie viele andere Kritiker berief sich auch die Fan-Initiative auf das Leitbild des Vereins, das mit den Aussagen von Tönnies nicht vereinbar ist. In der Satzung heißt es, der Verein trete "rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen, insbesondere aufgrund ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht, sexuellen Orientierung oder Behinderung, aktiv entgegen."

(APA/dpa)

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