Ein Fußballprofi, viele Fragen: Wer ist Bakéry Jatta?

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Hamburg 5 November 2018 Fuszball 2 Bundesliga 2018 19 Hamburger SV 1 FC Koeln Bakery Jattaimago images / Philipp Szyza
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Die Zweifel an der Identität des HSV-Stürmers mehren sich. Nun werden auch die Hamburger Behörden aktiv. Der Verein selbst soll bereits vor dreieinhalb Jahren möglichen Unstimmigkeiten nachgegangen sein.

Hamburg. Die Karriere des Bakéry Jatta glich bis vor wenigen Tagen einem Fußballmärchen. Aus solchem Stoff macht Hollywood Bestseller. Der Gambier kam im Sommer 2015 im Alter von 17 Jahren allein als Flüchtling über die Mittelmeerroute nach Deutschland gekommen und wurde dort zu einem begehrten Fußballprofi.

Doch nun könnte dieses Märchen eine drastische Wendung nehmen, denn an Jattas Identität sind schwere Zweifel aufgekommen. Der „Sport Bild“ zufolge könnte Jatta in Wahrheit einen anderen Namen haben und älter als von ihm angeben sein. Den Recherchen zufolge soll er bei der Einreise nach Deutschland schon etwa zweieinhalb Jahre älter als damals angegeben und daher volljährig gewesen sein, was das Asylverfahren für den Gambier schwieriger gemacht hätte. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat ein Anhörungsverfahren eröffnet.

Bei seiner Ankunft war Jatta vor vier Jahren im Erstaufnahmezentrum in Bremen gelandet. Mit dem Geburtsdatum 6. Juni 1998 ausgestattet, galt er als unbegleiteter Minderjähriger, er erhielt eine Duldung und durfte im Land bleiben. Damals fand er Aufnahme in einer Jugendhilfeeinrichtung.

Sein fußballerisches Talent blieb nicht verborgen und nach einem Probetraining stattete ihn der HSV mit einem Vertrag mit einem Fixgehalt von 120.000 Euro pro Jahr aus. Kaum zu glauben dass er in Afrika meist barfuß und auf Beton gekickt habe, wie er ein einem Interview erzählte. Der Durchbruch gelang spätestens im April 2019, als Jatta nach dem Pokalfight des HSV gegen RB Leipzig trotz der Niederlage zum „Spieler des Spiels“ gekürt wurde. Sein aktueller Marktwert wird auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.

Auch der HSV hatte Zweifel

Doch in Wahrheit soll Jatta ein ganz anderer sein. Demnach ist ein Spieler mit dem Namen Bakery Daffeh beim afrikanischen Fußballverband gemeldet, der eine starke optische Ähnlichkeit mit dem HSV-Stürmer aufweist. Zufällig ist dieser Daffeh seit der Ankunft Jattas in Bremen vor vier Jahren wie vom Erdboden verschluckt und hat kein Spiel mehr absolviert, obwohl er zuvor regelmäßig in Senegals Topliga gespielt hatte. Zudem erhielten die Mutmaßungen zu Jatta durch Aussagen seines Entdeckers neue Nahrung. „Wir hatten alle Zweifel, ob er nicht älter als 17 sein könnte“, sagte Lothar Kannenberg, ehemaliger Leiter der mittlerweile geschlossenen Bremer Jugendhilfeeinrichtung.

Noch stellt sich der HSV voll hinter seinen Offensivspieler, für das Cup-Spiel in Chemnitz am Sonntag steht er im Kader. Er finde es unglaublich und erschütternd, dass sich der Spieler teilweise einem gesellschaftlichen Spießrutenlauf ausgesetzt sehe, ließ HSV-Sportvorstand Jonas Boldt verlauten. Doch wie viel wusste der Klubwirklich? Denn laut interner Dokumente der Enthüllungsplattform „Football Leaks“ war man auch dortschon vor dreieinhalb Jahren Zweifeln an der Identität Jattas nachgegangen, wie der „Spiegel“ nun berichtet. Damals soll ein HSV-Mitarbeiter keine eindeutigen Beweise gefunden haben, sondern nur eine Tendenz. Sein Hauptverdacht sei, so schrieber im Januar 2016 in einer Mail, dass es sich bei dem Spieler tatsächlich um Bakary Daffeh handeln könnte. Aufklärung kann wohl nur der Fußballer selbst bringen. Doch der schweigt vorerst noch.(herbas)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2019)

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