Der Familienkomponist

Marius Felix Lange hat die Geschichte des rasenden Roland zu einer Kinderoper gemacht. Obwohl: Er spricht lieber von Familienoper.
Marius Felix Lange hat die Geschichte des rasenden Roland zu einer Kinderoper gemacht. Obwohl: Er spricht lieber von Familienoper. (c) wildbild
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Die Salzburger Festspiele haben erstmals eine Kinderoper in Auftrag gegeben. Marius Felix Lange hat sie geschrieben.

Marius Felix Lange hat sich seinen Urlaub verdient. Die Zeit bis zur Premiere seiner jüngsten Kinderoper „Der Gesang der Zauberinsel oder: wie der Rasende Roland wieder zu Verstand kam“ bei den Salzburger Festspielen war die bisher wohl intensivste Arbeitsphase seines Lebens.

Als im vergangenen Juni das Angebot der Festspiele kam, eine Oper zu schreiben, hatte er schon zwei weitere Werke mit fixen Abgabeterminen zugesagt. Um all das zu schaffen, hatte er sich zuletzt wochenlang in sein Komponierstudio in Wilmersdorf zurückgezogen. Der 50-jährige Musiker lebt in Berlin, das Wohnhaus der Familie liegt zwischen zwei Seen, daneben hat er sich ein Refugium zum Arbeiten geschaffen – seine persönliche Zauberinsel. „Meine Familie habe ich in der Zeit nur selten gesehen, da ich im Studio sogar übernachtet habe“, sagt er.

Nach der Fertigstellung von Musik und Libretto ging es weiter zu den Proben für die Uraufführung der „Zauberinsel“ nach Salzburg. „Es ist, als wären die Rollen exakt für die jeweiligen Sänger zugeschnitten worden, dabei habe ich sie beim Komponieren noch gar nicht gekannt.“ Es singen Teilnehmer des Young Singers Project der Festspiele. Jetzt, einige Tage nach der Premiere, hat Lange endlich wieder Zeit für seine Familie. Und für einige Tage Österreich-Urlaub. „Ich bin sehr austrophil“, sagt der Komponist. Seine Frau, eine Pianistin, stammt aus Tirol.

Chaos auf der Zauberinsel

„Der Gesang der Zauberinsel“ ist das erste Werk für Kinder, das die Festspiele in ihrer knapp 100-jährigen Geschichte selbst in Auftrag gegeben haben. „Der Anruf ist im Juni 2018 gekommen“, sagt Lange. Eigentlich wollten die Festspiele ihn bitten, Händels „Alcina“ für Kinder zu adaptieren. Doch ein Arrangement kam für ihn nicht infrage. Außerdem schien ihm der Stoff mit den vielen Erzählebenen für Kinder zu kompliziert. Also sah er sich die Vorlage, die 1516 entstandene Geschichte des rasenden Roland von Ludovico Ariosto an. Und dann schlug er vor, mit diesem Stoff eine neue Oper für Kinder zu schreiben.

Es geht um Angelika, die Tochter eines Komponisten, die auf der Suche nach dem Sänger Roland auf einem Fabelwesen, dem Hippogryphen, zur Zauberinsel Alcinas gelangt und dort mitten ins Chaos gerät. Der Trubel um viele verschwundene Dinge – unter anderem den Verstand Rolands – wird erst durch eine Reise auf den Mond beendet. Auf dem Mond finden sich die verschwundenen Dinge wieder, die Geschichte löst sich in Wohlgefallen auf.

Zauberwesen, Fabelgestalten, absurde und witzige Geschichten – das ist genau nach Langes Geschmack. „Ich schreibe für das Kind in mir“, sagt er. „Der jeweilige Stoff bestimmt die musikalische Sprache.“ Dass er dabei den richtigen Ton trifft, zeigt sein Erfolg. Sein „Schneewittchen“ ist ebenso beliebt wie „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ oder „Die Schneekönigin“. Er spricht übrigens lieber von Familien- statt Kinderopern. „Ich unterscheide nicht zwischen Kindern und Erwachsenen, meine Stücke sollen unterhalten und Freude bereiten.“

Die Folge eines Scheiterns

Dass er Komponist wurde, sei eigentlich die Folge eines Scheiterns, sagt der gebürtige Berliner. Er hatte ursprünglich Geige studiert. „Doch dann bekam ich Probleme mit meiner Schulter und musste diese Karriere lassen.“ Aus dem Drang, sich musikalisch auszudrücken, hat er angefangen, kleine Stücke zu komponieren, später studierte er Filmmusik und Komposition.

Als ihn der österreichische Filmemacher Paul Harather einmal fragte, was er eigentlich am liebsten machen würde, hatte Lange, der damals viel Filmmusik schrieb, eine klare Antwort: „Ich will eine Oper schreiben.“ „Dann fang morgen an“, lautete die lapidare Antwort. Was er schließlich auch tat. Er schrieb „Das Opernschiff“, gewann damit 2005 den 1. Internationalen Kompositionswettbewerb Köln – und entdeckte sein Faible für Stoffe für Kinder.

Eine Leidenschaft, die ihn seither nicht mehr losgelassen hat. Sehr zur Freude seiner beiden kleinen Kinder, die seine größten Fans sind und bei der Premiere natürlich mit dabei waren.

AUF EINEN BLICK

Die Kinderoper „Der Gesang der Zauberinsel oder: wie der Rasende Roland wieder zu Verstand kam“ ist ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele. Musik und Libretto stammen vom Berliner Komponisten Marius Felix Lange. Aufführungen gibt es noch bis 25.August in der Universitätsaula. Mehr unter: www.salzburgerfestspiele.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2019)

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