Urlaub und Reisen: Umweltbewusstsein ist hier ein Fremdwort

Symbolbild Stau.
Symbolbild Stau. (c) APA/dpa/Henning Kaiser (Henning Kaiser)
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Interkontinentale Flugreisen, Kreuzschifffahrten und Autokolonnen belasten in besonderem Ausmaß die Umwelt. Aber den Reisenden ist dies nicht bewusst – auch wenn im persönlichen Alltag auf ein nachhaltiges Leben geachtet wird.

Bahn und Bus statt Fliegen – und das von Graz bis an die portugiesische Atlantikküste. Im Rückblick betrachtet war dies sozusagen ein Selbstversuch. „Der Flieger wäre bestimmt günstiger und auch bequemer gewesen“, sagt Leonard Röser von der Uni Graz. Er war zweieinhalb Tage unterwegs, buchte nach Möglichkeit per Interrail, musste sich aber mit Anschlüssen und Ticketkäufen herumschlagen.

Rösler, der an der Uni Graz den Studiengang Nachhaltigkeitsorientiertes Management belegte, konnte im Rahmen eines Volontariats beim Aufbau eines Ferienressorts mitwirken. Zurück in Graz wollte er Weitergehendes über den Themenkomplex Reisen-Ferien-Nachhaltigkeit erfahren, sein Professor stimmte zu − und nun wurde seine Masterarbeit mit dem USW-Award (eine Auszeichnung aus dem Bereich der Umweltsystemwissenschaften, Sustainable Development und Industrial Ecology) seiner Uni ausgezeichnet.

Die Erkenntnisse seiner Arbeit fallen geradezu diametral zu den Reisegewohnheiten der meisten aus. Kaum jemand, so das Ergebnis, achtet beim Reisen wirklich auf Nachhaltigkeit. Großteils trifft dies auch auf jene zu, die im eigenen Umfeld Nachhaltigkeitsprinzipien befolgen und sehr wohl den Klimawandel als eminente Gefahr sehen.

Röser wählte als Zielgruppe für seine Onlinebefragung 660 Personen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren, also jene Generation, bei der Umweltthemen und Nachhaltigkeit eine besonders große Rolle spielen. Dabei teilte er die Befragten in drei Gruppen: jene, die im Alltag hinsichtlich Mobilität, Ernährung, Einkauf und Energieverbrauch umweltbewusst leben; jene, die wenig bis gar nicht darauf achten, und schließlich eine Gruppe, die zwischen den beiden Polen liegt.

Bis 800 km mit Bahn und Bus

Zwölf Prozent der Befragten sind den besonders Umweltbewussten zuzurechnen. Gerade diese sind äußerst reisefreudig – aber nur zwei Prozent aus dieser Gruppe achten auch auf ein umweltfreundliches Reisen. Und eine weitere Erkenntnis der Befragung: „Weniger als ein Drittel der Befragten wusste überhaupt, was nachhaltiges Reisen bedeutet“, so der Studienautor. Die viel zitierte Flugscham scheint unbekannt zu sein.

„Ich muss nicht jedes Jahr wegfliegen“, lautet Rösers Devise. Bei Distanzen bis zu 700 und 800 km sollte man Bahn und Bus benutzen. Wenn Fernreisen geplant werden, dann sollte man wenigstes länger am weit entfernten Urlaubsziel bleiben. Noch stärker als der Luftverkehr trifft das umweltschädliche Reisen auf Kreuzfahrtschiffe zu. Und beim Verreisen mit dem Auto sollten sich mehrere Personen im Kraftfahrzeug befinden, „jedenfalls sicher nicht nur der Fahrer“.

Rösers Untersuchung zielte auch auf die Feriendestination ab. All-inclusive-Hotels würden sicher nicht zum nachhaltigen Urlaub zählen. Wollen Gäste auch am Urlaubsort umweltbewusst leben, sollten sie dort Energie und Ressourcen sparen, Müll vermeiden und regionale Lebensmittel kaufen. Und sich überhaupt an die Strukturen des Landes anpassen.

Röser, der aus Hessen kommt, wird in Graz bleiben. Er hat als Konsequenz aus seiner Studie das Projekt „Campers who care“ initiiert. „Ich musste erschreckt feststellen, dass gerade meine Fernreisen eine enorme negative Auswirkung auf unsere Erde haben“, schreibt er. Der Tourismus – wie er derzeit abläuft – sei für acht Prozent des Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Dem Projekt sollten sich jetzt möglichst viele Personen anschließen und Möglichkeiten des umweltbewussten Reisens kennenlernen. Übrigens: Leonard Röser hat seit etlichen Jahren kein Flugzeug bestiegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2019)

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