Urlaub in Zeiten von Übertourismus: Was rechtfertigt diesen Druck, alle Sehenswürdigkeiten sehen zu müssen? In Wahrheit müssen wir gar nichts, außer Respekt vor dem Ziel und vor den Menschen vor Ort zu zeigen. Ganz gleich, wo man am Ende landet.
Reiseziele wie beispielsweise Cancun und Dubrovnik, Mallorca und Santorin, Venedig und Barcelona haben eine große Gemeinsamkeit: Sie sind Anziehungspunkte. Wenn nicht Brennpunkte. So doch Destinationen, die an einem kritischen Punkt ihres touristischen Produktlebenszyklus angekommen sind: Der Hype ist vorbei, die Sättigung bereits eingetreten. Die Vorhut der Entdecker ist längst weitergezogen, hat das Feld den Massen überlassen.
Der Ursprungsmythos vom Fischerdorf oder der Enklave – eine Hohlformel. Der Markenkern erscheint überlagert: von Souvenirschrott, Parkplätzen, Trashmeilen, Bilderfluten. Spätestens wenn Wirte die WC-Benützungsgebühr für Vorbeigehende nicht mehr bloß an ebendiese, sondern an die Eingangstüre hängen, oder Einheimische Eindringlinge mit Schildern in Schach halten, dass es sich bei ihrem Eigenheim um kein Museum handelt, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit für alle. Der Zug ist abgefahren. Drinnen, quasi als Passagiere auf der Flucht, sind es die Einwohner, die den Zirkus satt haben, ihr Umfeld als Kulisse, als Freilichtmuseum aufrechtzuerhalten.
Schwer umkehrbar. Gegenmaßnahmen – Eintrittsgebühren, Zugangsbeschränkungen, Picknickverbote, Totalsperren – zum Trotz finden solche Orte nicht so bald wieder zu ihrer Aura, ihrer Unschuld zurück. Wenn es schon Jahre dauert, eine Destination etwa von der Geißel des Kübelsuffs zu befreien, wie lang dauert dann erst die Tilgung der bösesten Betonmonster aus dem Bild? „Sobald ein Ort in dem Ruf steht, ein Paradies zu sein, geht er vor die Hunde“ schrieb der Reiseschriftsteller Paul Theroux einst in „Die glücklichen Inseln Ozeaniens“.