Jetzt gibt Seat Gas: Wird es etwas mit CNG?

Lammfromm geben sich CNG-Autos im täglichen Umgang, das will Seat unter dem Kürzel TGI nun in die Welt tragen.
Lammfromm geben sich CNG-Autos im täglichen Umgang, das will Seat unter dem Kürzel TGI nun in die Welt tragen.(c) Werk
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Nach Jahren der Krise schwingt sich die spanische Tochter Seat zum Liebkind im VW-Konzern auf. Das Momentum will man für eine Erdgas-Offensive nutzen. Schafft Seat, woran andere bislang scheiterten?

Erdgas ist für vieles gut, aber verkaufen lässt es sich schlecht – dann nämlich, wenn es als Kraftstoff im Auto dienen soll. Warum das so ist, warum Erdgas beim Hype um alternative Antriebe so hartnäckig übersehen wird, dafür gibt es freilich schon ein paar Gründe. Bislang jedenfalls.

Die Vorteile mag gar niemand bestreiten: Der Betrieb eines Autos mit Erdgas – kurz CNG, für Compressed Natural Gas – ist viel umweltfreundlicher als Benzin und speziell Diesel. Rußpartikel entstehen beim Verbrennen so gut wie gar keine, die NOx-Emissionen, die gerade beim Diesel problematischen Stickoxide, sind um 95 Prozent reduziert. Klima? CNG-betriebene Motoren emittieren im Vergleich zu anderen Verbrennern bis zu 25 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2). Billiger im Betrieb ist es auch noch: In der Praxis sind Einsparungen von 30 Prozent im Vergleich zum Diesel und 55 Prozent im Vergleich zum Benziner möglich.

Aber die Angelegenheit ist dann doch irgendwie kompliziert, allein die Verwechslungen mit Autogas (LPG), mit dem man nicht in Tiefgaragen darf, und die Explosionsgefahr der 200-bar-Tanks, wiewohl bei normaler Wartung laut Experten gar nicht vorhanden.

Technik verfügbar. Eine weitere Ursache für das zurückhaltende Kaufinteresse ist schnell ausgemacht: mangelnde Auswahl an attraktiven Modellen. Wer bislang CNG fahren wollte, war auf eine Handvoll Modelle beschränkt. Pech gehabt, wenn kein Passendes dabei war. Dabei sollte es umgekehrt sein: Man sucht sich ein Auto aus und erwägt dann die optimale Antriebsart.

In diese Richtung drehen sich nun die Dinge: Die VW-Gruppe ist lautstärkster Trommler des CNG-Antriebs. Vier Marken (Audi, Seat Skoda, VW) haben insgesamt 13 Modelle im Programm. Trumpf ist die schnelle Verfügbarkeit: Die Technik ist vorhanden, die Umstellung im Fahrbetrieb minimal. 160 Tankstellen im Land verkaufen Erdgas, die OMV steckt gerade zehn Mio. Euro in die Modernisierung ihrer 54 Anlagen. Motiv für VW: Alles, was CO2-Emissionen zu vermindern hilft, ist auch für den Konzern ein Vorteil, der wie jeder Autohersteller ab dem nächsten Jahr liefern muss. Elektroautos sind nur ein Teil der Strategie.

In erster Reihe der CNG-Offensive steht aber Seat. Das Image der Gewinnermarke soll auch den Ruf des Erdgasantriebs befördern. Gewinner?

Lange Jahre war Seat mit tiefroten Bilanzzahlen das Sorgenkind in der Wolfsburger Markensammlung. Die Trendwende setzte 2015 ein, seither wurden drei komplett neue Baureihen im gefragten SUV-Format eingeführt, die treiben aktuell die Verkaufszahlen: 2018 war ein Rekordjahr für Seat mit 517.600 verkauften Fahrzeugen und dem bislang höchsten Betriebsergebnis. Auch in Österreich läuft es rund, die Marke hat sich auf Rang drei im aktuellen Zulassungs-Ranking vorgeschoben. Im Windschatten des Erfolgs soll nun auch das Kürzel TGI mehr Beachtung finden, es steht für Erdgasbetrieb und findet sich auf den Bestsellern Ibiza, Leon und Arona. 3000 sind das Ziel. Luft nach oben zeigen die Zulassungen: Im Vorjahr reichte es bei uns gerade für 161 CNG-Fahrzeuge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2019)

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