US-Justizminister bemängelt schwere Fehler im Fall Epstein

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Nach dem Tod des Unternehmers Jeffrey Epstein in einem New Yorker Gefängnis hat US-Justizminister William Barr "schwere Unregelmäßigkeiten" in der Haftanstalt beklagt. "Wir werden rausfinden, was passiert ist."

Nach dem Tod des Unternehmers Jeffrey Epstein in einem New Yorker Gefängnis hat US-Justizminister William Barr "schwere Unregelmäßigkeiten" in der Haftanstalt beklagt. Diese seien Grund für tiefe Besorgnis und verlangten eine gründliche Untersuchung, sagte Barr am Montag in New Orleans. Die Bundespolizei FBI und die interne Kontrollbehörde des Justizministeriums würden den Vorgang nun aufklären.

"Wir werden rausfinden, was passiert ist", versprach er in einer Rede vor Polizisten. Falls angezeigt, würden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen.

Trotz Epsteins Tod werde der Fall gegen seine möglichen Komplizen weiter verfolgt werden. "Die Opfer verdienen Gerechtigkeit, und sie werden sie bekommen", versprach Barr. Er sei "entsetzt" und "verärgert" gewesen, als er erfahren habe, dass die Haftanstalt es versäumt habe, Epstein ordnungsgemäß zu sichern, so Barr.

Der wegen sexuellen Missbrauchs minderjähriger Mädchen angeklagte Epstein hatte am Wochenende in seiner Zelle offenbar Suizid begangen. Allem Anschein nach hatte der 66-Jährige bereits wenige Wochen zuvor versucht, sich das Leben zu nehmen.

Von Mittätern bis Wiedergutmachung

Es geht einerseits um die Frage, wie der wegen sexuellen Missbrauchs minderjähriger Mädchen angeklagte Epstein allem Anschein nach gleich zwei Mal versuchen konnte, sich das Leben zu nehmen. Andererseits sollen nun mögliche Mittäter von Epstein ins Visier genommen werden. Die mutmaßlichen Opfer könnten zudem seine Nachlassverwaltung um Wiedergutmachungszahlungen angehen.

Mitglieder der französischen Regierung forderten eine französische Untersuchung zu dem Fall. "Die US-Untersuchung hat Verbindungen zu Frankreich ans Licht gebracht. Für die Opfer erscheint es uns daher von grundlegender Bedeutung, in Frankreich eine Untersuchung einzuleiten, damit die Angelegenheit vollständig aufgeklärt wird", hieß es am Montag in einer gemeinsamen Mitteilung von Frankreichs Gleichstellungs-Staatssekretärin Marlene Schiappa und dem Staatssekretär für den Schutz von Kindern, Adrien Taquet. Unklar blieb, welche konkreten Verbindungen Schiappa und Taquet meinten.

Die Pariser Staatsanwaltschaft erklärte, sie prüfe und analysiere derzeit übermittelte Informationen. Anschließend würde entschieden, ob eine Untersuchung eingeleitet werde. Die französische Justizministerin Nicole Belloubet betonte unterdessen laut französischer Nachrichtenagentur AFP, dass die Regierung nicht über Strafverfolgung zu entscheiden habe.

Epstein wurde von der Staatsanwaltschaft in New York vorgeworfen, Dutzende minderjährige Mädchen missbraucht zu haben. Der 66-jährige Geschäftsmann habe zwischen 2002 und 2005 in New York und Florida einen illegalen Sexhandelsring aufgebaut, hieß es in der Anklageschrift.

Er soll sich am Wochenende in einem New Yorker Gefängnis umgebracht haben. Er wurde dort von Mitarbeitern der Haftanstalt gefunden und in ein Krankenhaus gebracht. Dort sei er schließlich für tot erklärt worden. Eine erste Autopsie sei durchgeführt worden, teilte die zuständige Behörde mit. Bevor das Ergebnis veröffentlicht werde, würden aber noch weitere Informationen abgewartet.

Mangelnde Überwachungsmaßnahmen?

Wie die "New York Times" berichtete, soll das Gefängnis in Manhattan in der Nacht vor Epsteins Tod nicht die vorgeschriebenen Überwachungsmaßnahmen eingehalten haben. Das soll untersucht werden. Zudem sollen mögliche Mittäter ins Visier genommen werden. "An all die mutigen jungen Frauen, die sich bereits gemeldet haben, und alle, die das noch vorhaben: Lasst mich euch noch einmal sagen, dass wir weiterhin für euch einstehen und dass unsere Untersuchung in diesem Fall weiterläuft", sagte der New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman.

Seine Klientinnen seien vom Tod Epsteins überrascht worden und unglücklich darüber, dass sie ihn nun nicht vor Gericht konfrontieren könnten, sagte Anwalt David Boies, der mehrere mutmaßliche Opfer von Epstein vertritt, der "New York Times". "Auf der anderen Seite haben sie schon so viel durchgemacht, dass sie nicht aufgeben werden, und so weit, wie sie die Nachlassverwaltung zur Verantwortung ziehen können, werden sie versuchen das zu tun."

Der Skandal um den Unternehmer bot seit dessen Festnahme Anfang Juli reichlich Zündstoff: Die Staatsanwaltschaft in New York warf dem 66-Jährigen vor, Dutzende minderjährige Mädchen missbraucht zu haben. Der Geschäftsmann habe zwischen 2002 und 2005 in New York und Florida einen illegalen Sexhandelsring aufgebaut, hieß es in der Anklageschrift. Einige Mädchen seien erst 14 Jahre alt gewesen und mit großen Summen Bargeld angelockt und dazu verleitet worden, weitere Mädchen heranzuschaffen. Die Ermittler berichteten, sie hätten bei Durchsuchungen in Epsteins Anwesen in Manhattan Hunderte Nacktbilder gefunden.

Epstein war 2008 einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingegangen und so einem Bundesverfahren wegen Missbrauchsanschuldigungen entgangen. Er bekannte sich schuldig und saß ohne Verfahren vor einem Bundesgericht eine Gefängnisstrafe von 13 Monaten ab. Zugestimmt hatte dieser Regelung der damalige Staatsanwalt in Florida, Alexander Acosta. Nach den neuen Vorwürfen gegen Epstein trat Acosta von seinem mittlerweile angetretenen Amt als US-Arbeitsminister zurück.

Epstein wies die neuen Vorwürfe zurück und plädierte auf nicht schuldig. Der Termin für den Prozessbeginn war vorläufig auf den 8. Juni 2020 festgelegt worden. US-Medien spekulieren, dass ein Prozess weitere Prominente schwer belastet hätte. Epstein zeigte sich gerne öffentlich mit Stars und hatte unter anderem - zumindest zeitweise - Kontakte zum heutigen Präsidenten Donald Trump, Ex-Präsident Bill Clinton und Prinz Andrew aus Großbritannien. Trump hatte sich im Juli von Epstein distanziert. Er habe vor langer Zeit einen Streit mit ihm gehabt und sei kein Fan von ihm.

(APA)

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