Wie die Muslime prüde wurden

Ein Liebespaar, porträtiert vom indischen Maler Manohar. Er lebte im 16./17. Jahrhundert im von den muslimischen Mogulen beherrschten Indien.
Ein Liebespaar, porträtiert vom indischen Maler Manohar. Er lebte im 16./17. Jahrhundert im von den muslimischen Mogulen beherrschten Indien.Heritage Images/Getty Images
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Das Buch „Liebe, Sex und Allah“ schildert die lange Tradition sexueller Freizügigkeit in der muslimischen Welt. Und zeigt dabei auch, wie der Kolonialismus und seine viktorianische Moral zur heutigen Rigidität beitrugen.

Über 400 arabische Wörter listet der ägyptische Gelehrte as-Suyutī im 15. Jahrhundert für den Geschlechtsverkehr auf. Dass die sexuelle Lust in der muslimischen Tradition nicht verteufelt wurde, sondern in einem bestimmten Rahmen vielmehr als gottgefällig galt, ist kein Geheimnis. Dennoch beherrschen heute rigide Vorschriften muslimischer Konservativer und Islamisten die Diskussion.

Wer über die Vorgeschichte bündig und unaufgeregt informiert sein will, hat nun das passende Buch dazu, geschrieben von dem islamischen Theologen Ali Ghandour, Wissenschaftler am Graduiertenkolleg der Universität Münster. Er forscht über Erotik und Sex aus Sicht der muslimischen Gelehrten, soeben ist im Beck Verlag sein Buch „Liebe, Sex und Allah“ erschienen.

„Das Ignorieren wurde ignoriert“

Es ist vor allem eine Geschichte städtischen Lebens, von dort stammen die vorhandenen Textzeugnisse, wie Chroniken, Gedichte, juristische Register. Auch sonst muss man mit den Texten vorsichtig sein, die geschriebene Theorie sagte nicht unbedingt viel über die Praxis aus. Verbote von Prostitution, Wein oder Homosexualität wurden oft ignoriert, mehr noch, so der Autor: „Dieses Ignorieren wurde selbst so ignoriert, dass daraus eine gesellschaftliche Akzeptanz wurde.“

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