Wie sich in Europa Schweine mit Wildschweinen mischten

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Die Säugetiere, aus deren Fleisch die meisten Wiener Schnitzel gemacht werden, wurden im Nahen Osten domestiziert.

Wenn leutselige Politikerinnen das Schnitzel als preisgünstig zu haltendes Kulturgut entdecken, denkt der gelernte Österreicher an Schweinefleisch: Dieses hat etwa der FPÖ-Politiker Maximilian Krauss explizit angesprochen, als er davor warnte, dass Kinder zum Verzicht auf Schweinefleisch „gezwungen“ würden – wohl wissend, dass Angehörige zweier hiesiger Religionen, des Judentums und des Islam, auf dieses verzichten.

Woher kommt dieses uralte Speiseverbot? Der „praktischen“ Erklärung, dass Schweine in heißen Gegenden besonders gute Überträger von Krankheiten seien, widersprechen Archäologen: Sie haben zwar in Ausgrabungen früher israelitischer Dörfer keine Schweineknochen gefunden, in umliegenden Siedlungen aber auffällig viele. „Vielleicht hörten die Proto-Israeliten einfach deswegen auf, Schweinefleisch zu essen, weil die Nachbarvölker es aßen und sie begonnen hatten, sich als etwas anderes zu betrachten“, schrieben Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman in „Keine Posaunen vor Jericho“. Das Speiseverbot als Mittel der Selbstbestimmung, vielleicht auch der Abwehr von Fremdkulten, wie der Religionswissenschaftler Jörg Sieger vermutete?

Hier tappt die Wissenschaft im Dunklen. Klarer kann sie sagen, wann und woher die Schweinezucht nach Europa kam: aus dem Nahen Osten, mit migrierenden Bauern, vor ungefähr 8500 Jahren. Sowohl archäologische als auch genetische Indizien sprechen dafür, dass die ersten Schweine vor ungefähr 10.500 Jahren domestiziert wurden, im Nahen Osten, aus dort lebenden Wildschweinen. Schon lange fragen sich die Zoologen aber, warum unsere Hausschweine dann eher den europäischen Wildschweinen ähneln. Eine Arbeit in der aktuellen Ausgabe von Pnas (12. 8.) befasst sich damit: Forscher um Greger Larson (University of Oxford) haben DNA von über 2000 Schweinen, teils fossilen, teils heute lebenden, analysiert und schließen daraus: Es fand keine zweite Zähmung der Schweine in Europa statt, aber die aus dem Nahen Osten stammenden Hausschweine vermischten sich derart oft mit hiesigen Wildschweinen, dass die Forscher von einem „near-complete genomic turnover“ sprechen. Sie meinen, dass die Schweinezüchter in ihrer Selektion oft die frisch von Wildschweinen eingekreuzten Eigenschaften bevorzugt haben.

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