Wie sich die klassische Sonate auflöst

Arcadi Volodos.
Arcadi Volodos.(c) SF/Marco Borrelli
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Miniaturen, ganz groß: Jubel für Arcadi Volodos im Haus für Mozart.

Erst Schubert, dann Rachmaninow und Skrjabin: Auf den ersten Blick schien Arcadi Volodos, ein mit Jahrgang 1972 noch relativ junger Klaviervirtuose der alten Schule, nach einer Verneigung vor einem Wiener Genius ausgiebig zur russischen Sache kommen zu wollen. Doch bei ihm ist das anders: Volodos liebt Kombinationen wie diese nicht nur, sondern versteht sie auch als Interpret zu begründen.

Worum ging es also bei seinem umjubelten Festspielabend? Um die Auflösung der klassischen Sonate in die kleinen, überschaubaren Einzelformen des langen 19. Jahrhunderts, denen freilich nicht weniger an Tiefsinn und Emotion aufgebürdet wird. Der eine Generation ältere Grigory Sokolov hat das in letzter Zeit anhand von Beethoven und Schubert sowie, jüngst in Salzburg, Beethoven und Brahms vorgeführt. Volodos gelingt es, indem er bei Schubert so früh wie möglich ansetzt: bei der E-Dur-Sonate D 157 des 18-Jährigen, die mit ihrem Schluss-Menuett in dominantischem H-Dur nach klassischen Regeln als unvollendet gelten muss. Dessen Ende bleibt bei Volodos trotz aller Diesseitigkeit wirklich in luftigen Höhen schweben – als habe es Schubert in der letzten Kurve seiner ersten Sonate aus der Spur hinausgetragen, erfasst von der harmonischen Fliehkraft. Rückwirkend macht das auch die vorangegangenen Sätze zu Einzelstücken. In den sechs „Moments musicaux“ D 780 ist diese Entwicklung vollzogen: Bei Volodos beginnen sie wie eine heimliche Aufforderung zu C-Dur-Zärtlichkeit, um in einem schwarzen As-Dur-Loch zu enden – und erfreuen dazwischen mit einer Fülle liebevoll ausformulierter Details.

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