Die neuen Glücksritter im großen Glücksspiel

Archivbild der beiden mittlerweile Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache.
Archivbild der beiden mittlerweile Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache.APA/HERBERT NEUBAUER
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Was im Ibiza-Video noch im Konjunktiv geblieben ist, könnte die FPÖ später tatsächlich in die Realität umgesetzt haben. Neues aus dem blauen Sumpf.

Es war das Narrativ der Haider-Ära – und es war auch nicht falsch: Die Glücksritter hätten sich der Freiheitlichen Partei bemächtigt. Angezogen von Jörg Haider und von diesem mit seiner Gunst bedacht. In der Folge dann auch mit Posten und Geld.

Auf der anderen Seite, im Abseits, standen die alten (und auch jüngeren) Herren der Freiheitlichen Partei, die Burschenschafter, akademisch gebildet, die nur ihrem Gewissen und ihrer Ideologie folgten und mit dem schnöden Karrierismus, den schicken Lokalen und den schnellen Autos nichts am Hut hätten.

Und so kam es, wie es kommen musste: Die Karrieristen, im FPÖ-Jargon auch „Flachwurzler“ genannt, scheiterten – an sich selbst oder den Gesetzen. Und übrig blieben die gefestigten Traditionalisten, die sich dann um Heinz-Christian Strache versammelten.

Anscheinend ist das Glücksritter-Gen bei den Freiheitlichen jedoch, unabhängig von Herkunft und Habitus, systemimmanent. Es geht nun zwar weniger um das persönliche Vorankommen als um die Partei, allerdings ist ein Erfolg der Partei auch wiederum der Garant für das fortgesetzte persönliche Vorankommen.

Anschaulich gezeigt wurde das in dem Ibiza-Video: Geld für die FPÖ gegen mögliche Aufträge. Im Konjunktiv, aber immerhin. Und diese Geisteshaltung könnte dann auch beibehalten worden sein – in der Zeit der tatsächlichen Regierungsbeteiligung der FPÖ.

Dass Glücksspielunternehmen an die Politik mit ihren Wünschen herantreten, soll ja schon vorgekommen sein. Es kommt sogar recht oft vor. Schon bei der ersten Regierungsbeteiligung der FPÖ mit der ÖVP gab es da immer wieder unschöne Vorwürfe.

Und es gibt sie auch jetzt – sie haben sogar zu Hausdurchsuchungen geführt. Wieder einmal mittendrin: Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Der Verdacht lautet: Ein Freiheitlicher soll in den Vorstand eines Glückspielkonzerns gehievt worden sein – für mögliche legistische Gegenleistungen für einen anderen.

Der Mann, um den es hier geht, Peter Sidlo, ist seit Ibiza kein gänzlich Unbekannter: Er ist der frühere Mitarbeiter des ORF-Stiftungsrats Markus Braun, der gemeinsam mit dem Nationalratsabgeordneten Markus Tschank in diversen Vereinen saß die im Verdacht stehen, „schwarze Kassen“ für die FPÖ zu horten. Und Sidlo und Tschank hatten wiederum früher mit dem heutigen Sprecher des Novomatic-Konzerns, Bernhard Krumpel, eine gemeinsame Firma.

Und hier schließt sich der Kreis: Sidlo wurde mit Unterstützung des Miteigentümers Novomatic in den Vorstand der Casinos Austria entsandt. Der Grund für die nunmehrige Hausdurchsuchung. Und Novomatic war eine jener Firmen, die Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video nannte, als es um Parteienfinanzierung über Umwege ging.

Nun bestreiten alle Beteiligten die Vorwürfe. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft fußen auf einer anonymen Anzeige. Im Gegenzug für Sidlos Bestellung habe die FPÖ Entgegenkommen bei Gesetzesänderungen in Zusammenhang mit dem kleinen Glücksspiel in Aussicht gestellt, heißt es darin. Mutmaßlicher Profiteur: die Novomatic.

Bewiesen ist also nichts. Nur weil etwas wahr sein könnte, um die Diktion des Tiroler SPÖ-Chefs Georg Dornauer aufzunehmen, muss es noch nicht wahr sein. Aber nach dem Ibiza-Video fällt es schwer, es nicht für möglich zu halten.

Die FPÖ hat nach Ibiza viel an Vertrauen verspielt. Und dennoch, mit den Entschuldigungen der Protagonisten, dem Verweis auf eine „b'soffene G'schicht“, darauf, dass alles nicht so gemeint war, zumindest bei ihren Wählern, wenn man den Umfragen glauben darf, noch irgendwie die Kurve gekratzt.

Sollte sich nun jedoch herausstellen, dass sich die FPÖ als Regierungspartei tatsächlich kaufen ließ, wenn schon nicht im wörtlichen, dann im metaphorischen Sinne, so dass einer der ihren Karriere machen konnte und dafür dann Gesetzesänderungswünsche angenommen wurden, dann ist der Partei der Unglücksritter nicht mehr zu helfen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2019)

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