Etwas mehr Fokus, Baby!

(c) Peter Kufner
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Es wäre an der Zeit, auf die sinnvollen Hebel im Klimaschutz zu schauen – und auf all jene, die im Stillen konkret etwas tun.

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Die Diskussionen zum Klimaschutz erreichen fast immer im Sommer ihren Höhepunkt. Kein Wunder, spüren wir doch jetzt bei Hitzeperioden und Unwettern die Veränderungen ganz unmittelbar. So wird diese Jahreszeit immer auch zur Hochsaison für wohlgemeinte Ratschläge zur Reduktion des CO2-Ausstoßes.

Das reicht von „Wäsche im Freien trocknen und nicht im Trockner“ bis zum zur Flugscham gesteigerten Verzicht auf den Flug zum Urlaubsziel. Manche Politiker wollen gleich die Luftfahrt verstaatlichen, damit durch Preissteigerungen niemand mehr fliegen will. Dabei steht der weltweite Flugverkehr nur für zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen. Es krankt also oft an Umsetzbarkeit und Wirkung.

In Österreich wird all das noch durch den Wahlkampf verschärft. Vielleicht könnte man auch hier etwas mehr Fokus auf die Frage legen, wie der Klimaschutz auch sozial verträglich organisiert werden kann. Schließlich kennt nicht jeder einen Multimillionär, der einem einfach so seine Segeljacht borgt, um damit nach New York zu schippern. Nicht falsch verstehen: Eine Herausforderung dieser Größenordnung kann nicht durch eine Wundermaßnahme bewältigt werden, es wird ein Bündel an Maßnahmen aller Akteure brauchen. Es lohnt sich, abseits des PR-Getöses einen Blick auf die großen Hebel, also Maßnahmen mit großer Wirkung, zu machen. Das Problem dabei: Diese spielen sich oft zwischen Unternehmen ab, der Verbraucher merkt nichts, und daher ist das alles wenig „sexy“. Doch genau hier passiert im Stillen sehr viel, gerade in Österreich.

Fokus: Güterverkehr

Studien zeigen, dass der landgebundene Güterverkehr in Europa bis 2030 um 30 % zunehmen wird. Schon jetzt verursacht der europäische Güterverkehr 275 Millionen Tonnen CO2 jedes Jahr – das führt nach Schätzungen zu ca. 50.000 Todesfällen, verursacht durch die erzeugte Luftverschmutzung.

Aktuell setzt sich der Güterverkehr in Europa so zusammen: 75% Straße, 18% Schiene und 7% Wassertransport. Wenn es hier zu keiner Veränderung kommt, dann steigen die CO2-Emissionen bis 2030 um nochmals 80 Millionen Tonnen – oder um knapp 30%! Das gefährdet nicht nur die Pariser Klimaschutzziele, sondern belastet die europäischen Gesellschaften mit Kosten im Bereich Gesundheit, Infrastruktur und Sicherheit.

Was also ist zu tun? Ein wesentlicher Baustein ist die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung des Bahnverkehrs. Um diesen möglichst effizient und klimaschonend zu steuern, braucht es volle Transparenz darüber, wo sich die Güterwaggons gerade befinden. Ein Zusammenschluss europäischer Güterbahnen hat es sich zum Ziel gesetzt, durch solche und weitere Maßnahmen den Anteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf 30% zu erhöhen.

Wenn das im Zeitraum bis 2030 gelingt, dann ist das ein großer Hebel: Es führt zur CO2-Reduktion von 290 Millionen Tonnen und 100 Milliarden Euro weniger an externen Kosten. Nebenbei bemerkt: In Österreich ist der Anteil von 30% auf der Schiene bereits heute Realität. Dieses konkrete Beispiel zeigt, wo Potenziale im Klimaschutz stecken. Oft sind es nicht die spektakulären oder PR-wirksamen „Radikalmaßnahmen“, sondern laufende technologische Verbesserungen.

Markus Fallenböck ist Gesellschafter des österreichischen Fintech Own Austria.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2019)

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