Studie: Spitalsausgaben verdoppeln sich

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Die Kosten im stationären Bereich werden bis 2030 von aktuell 1452 Euro auf 2780 Euro pro Kopf steigen. Der Ausbau des ambulanten Sektors gilt daher als wichtigste Gegenmaßnahme.

Alpbach/Wien. Die – ohnehin schon sehr hohen – Ausgaben für Österreichs Spitäler werden sich bis 2030 von 12,8 Milliarden auf 24,6 Milliarden Euro (Zusammensetzung: siehe Grafik) fast verdoppeln. Allein für den stationären Bereich wird ein Anstieg von 1452 Euro pro Kopf auf 2780 Euro erwartet, was einem Jahresplus von 2,2 Prozent entspricht und über dem erwarteten Wirtschaftswachstum liegt.

Tirol, Steiermark und das Burgenland weisen die niedrigsten Niveaus auf, in Wien und Vorarlberg sind die Ausgaben am höchsten. Das ist die Kernaussage der von Philips in Auftrag gegebenen Studie „Leistungskraft regionaler Gesundheitssysteme“, die die Ökonomin Maria Hofmarcher-Holzhacker vom Institut Health System Intelligence am Dienstag in Alpbach vorstellte. „In den vergangenen 20 Jahren ist es der Politik nicht gelungen, das Gesundheitssystem im Sinne einer progressiven Weiterentwicklung der Finanzierung, Versorgung und Verantwortlichkeiten abzustimmen“, sagt sie im „Presse“-Gespräch.

Dabei wäre eine Reform der Finanzierung wichtiger als jene der „Kassenlandschaft“, denn die Prognose zeige deutlichen Optimierungsbedarf. Das System müsse effizienter werden, damit die Ausgaben der Versorgung zugute kommen, nicht der Bürokratie.

Viele stationäre Aufnahmen

Als Hauptgrund für die steigenden Kosten gelten die im Europa-Vergleich zu vielen stationären Behandlungen. Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch eine OECD-Studie, wonach Österreich mit 7,4 Spitalsbetten pro 1000 Einwohner EU-weit hinter Deutschland (8,1) auf Platz zwei liegt. In Schweden beispielsweise gibt es nur 2,3 Betten je 1000 Einwohner, der Europa-Schnitt liegt bei 5,1 Betten.

Spitäler sowie stationäre Pflegeeinrichtungen werden also auch künftig das meiste Geld verschlingen. 2017 wurden 46 Prozent der öffentlichen Gesundheitsausgaben für Krankenhäuser und stationäre Pflege ausgegeben. Für die ambulante Versorgung (Ordinationen, Ambulanzen) waren es 24 Prozent.

Tiroler länger gesund

Die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit und Jahr liegen in Österreich (2017, siehe Grafik) bei 4291 Euro (3236 Euro öffentlich, 1055 Euro privat). Wien ist mit 4565 Euro (3425 Euro öffentliche Ausgaben, 1140 Euro privat) Spitzenreiter. An letzter Stelle ist Oberösterreich mit 4011 Euro (3086 Euro öffentlich, 925 Euro privat) zu finden.

Obwohl sich die Zahlen in einem sehr engen Schwankungsbereich befinden, gibt es gravierende Unterschiede beim Gesundheitszustand der Bevölkerung. Konkret kann eine Frau in Tirol erwarten, zehn Jahre länger gesund zu leben als eine im Burgenland, sagt Hofmarcher-Holzhacker: „Das ist schon erstaunlich.“

Verlässliche Ursachen für diese Unterschiede müssten erst untersucht werden. Vermutlich spielten aber soziale Faktoren wie etwa das Einkommen – wozu auch Effekte auf das Körpergewicht und den Tabakkonsum gehören – sowie die Arbeitslosigkeit eine große Rolle.

Wartezeiten auf Operationen

Bisher ungeklärte Unterschiede innerhalb Österreichs gibt es auch bei den Wartezeiten auf planbare Operationen (also keine Notfälle). Bei einem Durchschnitt von 23 Tagen unterscheiden sich die Bundesländer um bis zu neun Tage.

Am kürzesten warten Patienten in Kärnten und Salzburg, die längsten Wartezeiten hat Wien, gefolgt vom Burgenland und von Niederösterreich. Hofmarcher-Holzhacker: „Warum das so ist, wissen wir ganz einfach nicht.“

Politik ist gefordert

Die Studie kommt zum Schluss, dass vor allem die Politik gefordert sei, „gemeinsam und koordiniert zu arbeiten“. Zu den wichtigsten Herausforderungen der Zukunft zählen demnach der Ausbau des ambulanten Bereichs, damit Spitäler entlastet und die Patienten kostengünstiger in Ordinationen behandelt werden, mehr Personal auf allen Ebenen, um den höher werdenden Arbeitsdruck zu reduzieren, sowie die bessere Abstimmung der Versorgung zwischen Gesundheit und Pflege.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2019)

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