FPÖ und Liste Jetzt kritisieren "Soko Ibiza"

ÖVP-nahe Beamte würden in der Causa Ibiza-Video ermitteln, so der Vorwurf.

FPÖ und die Liste Jetzt kritisiseren die „Soko Ibiza“ wegen angeblicher politischer Nähe der meisten Mitglieder zur ÖVP. Der „Jetzt"-Abgeordnete Peter Pilz forderte am Donnerstag eine baldige Sondersitzung im Nationalrat zur "Soko Ibiza". Das Problem seien ÖVP-Beamte, die als Kriminalpolizisten in der "Soko Ibiza" gegen FPÖ und ÖVP ermitteln. Und "ein ÖVP-Polizist ist mit Sicherheit befangen, wenn er gegen eigene Leute ermitteln soll", so Pilz.

Kritik übte der Listengründer am Donnerstag auch an einer "fatalen und rechtlich nicht vertretbaren ÖVP-freundlichen Ibiza-Weisung des Justizministers". Justizminister Clemens Jabloner habe in der Frage der Befangenheit einzelner Mitglieder der "Soko Ibiza" laut Pilz ein "verheerendes Signal" gesetzt. Jabloner hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, dass eine Parteimitgliedschaft von Ermittlern noch keine Befangenheit bedeute. Laut Ö1-"Morgenjournal" teilte der Justizminister mit: "Der bloße Umstand einer Mitgliedschaft in einer Partei vermag (...) keinen Anschein einer Befangenheit zu begründen." Jabloner beruft sich dabei auf die Bundesverfassung.

Pilz ortet in diesem Vorgehen "schweres politisches Versagen". Der „Jetzt"-Abgeordnete glaube zwar nicht, dass der Minister "bewusst Spuren verwischen" will. Jedoch verlangte Pilz von Jabloner, er solle den Innenminister auffordern, bei jedem Mitglied der "Soko Ibiza" eine mögliche Befangenheit überprüfen zu lassen. Es bestehe nämlich "der Verdacht, dass die "Soko Ibiza" am türkisen Auge nicht so gut sieht!"

Außerdem will Pilz im Nationalrat behandeln, wie es überhaupt zu dem Ibiza-Video kam und wann ÖVP-Chef Sebastian Kurz davon erfahren hat. Außerdem möchte Pilz wissen, was "mit den verdeckten Millionenspenden passiert" ist und was "beim Kurz-Schredder genau passiert" ist.

FPÖ: Straches Handy soll versiegelt werden

Eine Neubesetzung der „Soko Ibiza“ fordert die FPÖ. Der stellvertretende Klubchef Herbert Kickl und der Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein äußerten am Donnerstag die Befürchtung, das etwa sichergestellte Handydaten des früheren FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache an die Parteizentrale wandern könnten. Nahezu alle ermittelnden Mitglieder der zur Aufklärung der Causa Ibiza eingerichteten Soko seien ÖVP-Parteigänger, lautete Jeneweins Vorwurf. Quellen nannte er allerdings nicht. Trage Innenminister Wolfgang Peschorn nur einen "Funken von Überparteilichkeit", müsse er die derzeit bestehende Kommission auflösen und durch unabhängige Experten ersetzen. "Es kann nicht sein, hier der ÖVP freien Zugang zu Informationen zu geben", meinte er.

Konkret fürchtet Jenewein, dass im Wahlkampf Daten auf Straches beschlagnahmten Telefon über die ÖVP-Zentrale an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Das Gerät eines ehemaligen Vizekanzlers müsste eigentlich als Staatsgeheimnis behandelt und versiegelt werden, forderte er. Der FPÖ-Mandatar zeigte sich auch überzeugt davon, dass es nach der Wahl einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Causa Ibiza geben werde. Dafür brauche es nicht einmal die Freiheitlichen.

Die Überparteilichkeit Peschorns stellte auch Kickl infrage. So sei der Innenminister regelmäßiger Gast in der ÖVP-Bundesparteizentrale und werde wohl "seine Anweisungen holen", um den "Linksschwenk" der Partei voranzutreiben. Dementsprechend hart fiel auch Kickls Kritik an dessen Nachfolger aus. Peschorn sei eine "lame duck", also eine lahme Ente, seit dessen Amtsantritt leide die Sicherheitspolitik in Österreich massiv.

Peschorn sei auch gefordert, dem "wahnsinnigen Ansinnen" der ÖVP, Asylwerbern in Lehre vor ihrer möglichen Abschiebung die Beendigung ihrer Ausbildung zu ermöglichen, Einhalt zu gebieten. Als weitere Versäumnisse zählte Kickl die Schließung von Polizeiinspektionen, die Beendigung der Rekrutierungsoffensive sowie das Aussetzen der Beschaffung neuer Munition auf. Peschorn sei daher kein "Schutzpatron" der Polizisten.

Peschorn und Jabloner weisen Kritik zurück

Peschorn und Jabloner lassen sich von aller Kritik an der Soko Ibiza nicht beirren. Die strafrechtlichen Ermittlungen werden auf Grundlage der Gesetze von den dazu berufenen Justizbehörden unter Mitwirkung der Organe der Kriminalpolizei konsequent fortgeführt, teilten sie am Donnerstag in einer Aussendung mit. "Es besteht kein Anlass sich von diesem rechtsstaatlichen Vorgehen durch Zurufe abbringen zu lassen", erklärten beide. Jeder Vorwurf der Befangenheit werde zwar ernst genommen, die bisher in diesen sensiblen Untersuchungen anonym erhobenen Vorwürfe hätten sich nach Prüfung nach dem Strafprozessrecht und dem Beamtendienstrecht allerdings als substanzlos herausgestellt.

Auch die ÖVP nannte die Vorwürfe, führende Mitglieder der „Soko" hätten parteipolitische Nähe zur ÖVP, "absurd". Generalsekretär Karl Nehammer sprach am Donnerstag von "Verschwörungstheorien" und kritisierte vor allem die Freiheitlichen. "Herbert Kickl sollte aufhören, um sich zu schlagen und zu einem sachlichen Stil zurückkehren", findet Nehammer. Ansonsten müsse Parteiobmann Norbert Hofer ein Machtwort sprechen. "Dass Kickl als ehemaliger Chef und Innenminister anständige Polizisten, die ordentlich und korrekt ihre Arbeit machen, aus parteitaktischen Gründen anpatzt und schlecht macht, zeigt einmal mehr das mangelnde Problembewusstsein und die fehlende Sensibilität Herbert Kickls im Umgang mit dem FPÖ-Ibiza-Skandal."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Villa auf Ibiza, in der das heimlich gefilmte Video entstand
premium

Die Gesprächs­protokolle der verhängnisvollen Nacht auf Ibiza

Zwei Aufdecker-Journalisten geben neue Details des Ibiza-Videos preis: Strache wollte nicht nur die „Krone“, Casinolizenzen und Wasser, sondern auch FPÖ-Immobilien und einen ORF-Sender verscherbeln – und in der Pension Aufsichtsratsjobs für sich und Gudenus.
Luftaufnahme jener Finca, in der Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus im Sommer 2017 in die folgenschwere Videofalle tappten.
premium

Die Strategie der Ibiza-Ermittler

Wieder eine Hausdurchsuchung, ein neues Buch zur Ibiza-Affäre und viele Interpretationen des Skandals. „Die Presse“ schlüsselt den immer dicker werdenden Gerichtsakt auf.
Johann Gudenus ist als FPÖ-Politiker zurückgetreten.
Meta-Nachrichten

Gudenus wurde vor Ibiza-Lockvogel gewarnt

Ein befreundeter Unternehmer will den früheren FPÖ-Klubobmann vor der angeblichen Oligarchen-Nichte gewarnt haben. Doch der habe die Warnung nicht verstanden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.