Wirtschaftsforscher suchen fieberhaft nach der nächsten Rezession. Wichtiger sei die Frage, wie die Länder noch reagieren können, sagt der Ökonom Stefan Legge. Denn Politik und Notenbanken haben ihr Pulver weitgehend verschossen.
Die Presse: Nach zehn Jahren Wirtschaftswachstum in den USA möchten Ökonomen den Fehler von 2008 nicht wiederholen und schon wieder eine Rezession verschlafen. Stattdessen warnen sie im Wochentakt vor der großen Krise, aber diese kommt nicht. Woran liegt das?
Stefan Legge: Wir erleben gerade den längsten Boom in der US-Geschichte. Es wäre also an der Zeit für einen Abschwung. Aber niemand weiß, was die Rezession letztlich auslösen wird: Ist es die eskalierende politische Krise in Hongkong, die rapide steigende Verschuldung von Unternehmen mit BBB-Ratings (nur knapp über Ramsch-Status, Anm.), ein Brexit ohne Austrittsabkommen? Darum suchen alle Ökonomen nach Indikatoren, die üblicherweise eine Rezession anzeigen. Das Problem dabei ist: Es gibt Unmengen solcher Indikatoren. Und wenn man genug Daten hat, findet man immer irgendetwas, das in der Vergangenheit zufällig kurz vor einer Rezession passiert ist. Das kann der Einbruch im Einkaufsmanager-Index sein, oder ein Temperatursturz in Iowa.