Teufelsmuseum

Martin Amanshauser
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Das einzige Teufelsmuseum der Welt befindet sich in der litauischen Stadt Kaunas. Doch der litauische Teufel ist nicht der gleiche wie unserer.

Der litauische Maler Antanas Žmuidzinavičius (1876-1966) machte viel aus seinem Leben. Dass er der Nachwelt aber vor allem und gerade als Teufelssammler und nicht so sehr mit seinen impressionistischen Landschaftsbildern in Erinnerung bleiben würde, das war nicht geplant, ja das hätte er sich wohl ungern vorgestellt. Aber sein Hobby hatte größere Formen angenommen, und dann kam es so.

Teufel zu sammeln war nicht einmal seine eigene Idee. Die Kollektion hatte mit zwei Teufeln begonnen, die ihm als Geschenke gebracht wurden. 1906 hatte ihm ein Freund eine Holzskulptur eines Teufels geschenkt. Kurz darauf brachte ihm der Priester und Autor Juozas Tumas-Vaižgantas bei einem Besuch an seinem Namenstag eine weitere hölzerne Teufelsstatue vorbei, ein „Mit den Füßen getretener Teufel“. Sie stammte aus dem 18. Jahrhundert und stellte einen Luzifer dar, der vom Erzengel Michael in die Hölle getreten wurde. Der originelle Tumas-Vaižgantas hatte allerdings das obere Teil des Kunstwerks, den gesamten Erzengel, bis zu den Schienbeinen abgesägt und damit nur den Bösewicht mit den weißen Fußstümpfen seines Bezwingers gebracht – denn die gesamte Skulptur wäre für einen Transport zu sperrig gewesen. Mit dem Geschenk ging der nicht ganz ernst gemeinte Auftrag einher, dass Žmuidzinavičius „den Rest seines Lebens Teufel sammeln“ solle.
Doch der tat es.

Zunächst war sein Ziel, ein Dutzend Teufel zusammenzukriegen, am Ende erreichte er aber 20 Dutzende, also 260 Einzelteufel, die er in Haus und Atelier ausstellte. 1961 vermachte er die diabolische Kollektion seiner Heimatstadt Kaunas, und schon kurz nach seinem Tod wurden die Teufel in einem eigenen Museum ausgestellt.

Der Erfolg des Museums war groß. Allmählich kamen in Form von Schenkungen immer mehr Teufel zusammen. 1983 beschloss die Stadt, an das Haus des Malers, das auch zu einem Museum geworden war, drei Stockwerke anzubauen, wo sich heute das weltweit einzige Teufelsmuseum befindet – inzwischen okkupiert von beeindruckenden 3.000 Teufeln aus aller Welt. Oft genug kommt es auch heute noch vor, dass Besucher dem Museum später ihre eigenen Teufel vermachen – viele aus dem Fundus der Volkskunst, manche auch wertvolle Einzelstücke. „Sie werden hier sicher einen Teufel mit Ihren eigenen Gesichtszügen finden“, verspricht der Museumstext.

Man muss dabei erwähnen, dass der litauische Teufel nicht 1:1 mit dem Teufel aus der klassischen christlichen Tradition vergleichbar ist, so wie in jedem Land unterschiedliche Teufel ans Werk gehen – was die Kollektion beeindruckend bezeugt. Der Teufel aus dem Baltikum ist nicht ganz so charakterlos-schlimm, eher ein großer Trickser und Magier, der manchmal auch Züge eines Robin Hood annimmt und zum Beispiel einem überforderten Bauern bei der Feldrodung hilft. Die litauische Mythologie zeichnet den „Velnias“, der in der Unterwelt daheim ist und auch oft als der jüngere Bruder des Schöpfers bezeichnet wird. Was Gott schafft, will Velnias ihm nachmachen, aber letzterer ist nicht so gut drin, so dass das Perfekte und das nicht ganz so Perfekte gleichermaßen in die Welt kamen. Dieser Teufel kommt bei Hochzeiten und Beerdigungen und tanzt bei Dorffesten, denn er mag neben dem Glückspiel auch die Musik – natürlich liebt er ebenfalls die Künstler, die durch ihn Verbindung zur Unterwelt kriegen – er gilt zudem als Vermittler zwischen Lebenden und Toten.

Es gibt erstaunliche Exponate in dieser „Ekspozicijos tȩsinys“, so zum Beispiel einen Teufel mit Stalinaussehen, der einen Hitlerteufel über dem totenkopfbedeckten Land Litauen mit der Heugabel jagt, Teufelsmasken aus Lateinamerika, mittelalterliche Gemälde, Puppen aus Kasperltheatern und natürlich auch Krampusse aus Österreich. Man kann wirklich behaupten, dass in der Sammlung des exzentrischen Antanas Žmuidzinavičius für jeden ein eigener Teufel zu finden ist.

NEU: Martin Amanshauser, Es ist unangenehm im Sonnensystem, Kremayr & Scheriau 2019.

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