Skelette mit deformierten Schädeln

Was die künstliche Kopfform über Nomadenvölker verrät.

Erstaunliches beförderte die Analyse der Skelette von drei Jugendlichen, die zur Zeit der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert lebten, zutage: Zwei von ihnen wiesen künstliche Schädeldeformationen auf. Die Skelette wurden bei einer Ausgrabung im Osten Kroatiens entdeckt und unter der Leitung von Ron Pinhasi von der Universität Wien und Mario Novak vom Institute for Anthropological Research in Zagreb untersucht.

Sichtbare Zugehörigkeit

Die Wissenschaftler interessierten sich für die Ernährungsgewohnheiten, das Geschlecht und die Genverwandtschaft der Jugendlichen. Zu deren Lebzeiten war Europa in der Region der Fundstelle von unterschiedlichen Nomadenvölkern wie den Hunnen bzw. den Germanen, Gepiden und Ostgoten, besiedelt. Die künstliche Deformation des Schädels durch Bretter, Bandagen oder spezielle Kopfbedeckungen im Kindesalter ist ein weit verbreitetes kulturelles Phänomen, das bei verschiedenen uralten Bevölkerungsgruppen weltweit dokumentiert wurde. Sie zielte darauf ab, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder die persönliche Identität bzw. den eigenen Status sichtbar zu machen.

„Für uns war verblüffend, dass ihre genetische Abstammung derart unterschiedlich ist“, so Novak. „Die DNA-Analysen haben ergeben, dass der Jugendliche ohne künstliche Schädeldeformation eine überwiegend westeuropäische Abstammung, der Jugendliche mit der langgezogenen Schädelform eine ostasiatische Abstammung und der dritte Jugendliche eine nahöstliche Abstammung aufweist“, erklärt Pinhasi. Die Ergebnisse legen nahe, dass diese bestimmten Gruppen zur Zeit der Völkerwanderung in der Pannonischen Tiefebene miteinander in regem Kontakt gestanden sind. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Plos One (21. 8.) publiziert. (cog)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2019)

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