Zum Studium an die Küste

Versuch in der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt Brigittenau.
Versuch in der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt Brigittenau.Schiffbautechnische Versuchsanstalt
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Nicht nur für jene, die vom Urlaub am Meer nicht genug bekommen können – Schiffbau und Meerestechnik lassen sich nur im Ausland studieren. Die Jobaussichten: glänzend.

Bei der Konstruktion von Kreuzfahrtschiffen für mehrere Tausend Passagiere spielt eine Einrichtung in Wien ebenso eine wichtige Rolle wie bei der Planung luxuriöser Jachten: Fernab vom Meer ist die Schiffbautechnische Versuchsanstalt in der Brigittenau Partner von Werften in aller Welt, wenn es um die Optimierung von Wasserfahrzeugen geht. „Tests im Windkanal, Entwicklung und Verbesserung von Schiffsformen und -propeller, Untersuchungen des Manövrier- und Seegangverhaltens sind unsere Haupttätigkeiten“, erzählt Gerhard Strasser, Leiter der Institution.

Strasser plagt eine Sorge: „Wir finden keine ausgebildeten Schiffbauer, da es hierzulande dafür keine Ausbildung mehr gibt.“ Nicht nur er habe dieses Problem, ergänzt Strasser, auch den für Schiffe zuständigen Behörden werde es früher oder später an Experten mangeln. Die Jobs sind im Binnenland Österreich allerdings begrenzt: Nicht einmal ein Dutzend Schiffbauer, so schätzt Strasser, werde in den nächsten Jahren in Österreich benötigt.

Jobfit mit dem Bachelor

International stehen die Chancen auf einen Arbeitsplatz für Absolventen eines Studiums Schiffbau und Meerestechnik dagegen bestens: „Die Berufsaussichten sind sehr gut, Absolventen werden mit Kusshand von der Hochschule abgeholt und eingestellt“, formuliert es Gregor Schellenberger, Studiengangsleiter für die Bachelorstudiengänge Schiffbau und Meerestechnik an der Hochschule Bremen. Ähnlich äußert sich Kai Graf, der an der Fachhochschule Kiel für die Schiffbauer zuständig ist: „Wir haben eine gesunde Werftindustrie in der Region, die derzeit einen hohen Bedarf an Absolventen hat.“

Für jene, die möglichst bald mit dem Studium fertig sein wollen, bietet dieses Fachgebiet ein weiteres Plus: Bereits mit absolviertem Bachelorstudium Schiffbau und Meerestechnik kann gearbeitet werden. „Unsere Bachelor-Absolventen sind bereit für ihren Beruf“, berichtet Schellenberger. Dieser Meinung ist auch die Industrie, die gezielt Bachelor sucht. „Die überwiegende Zahl unserer Absolventen geht mit Bachelor ab.“

Der Grund ist, dass in Kiel wie in Bremen das Studium in der ersten Phase besonders praxisorientiert gestaltet wird. Theoretische Fächer wurden vom Bachelor in das Masterprogramm verlagert, dort verspricht man dafür hohes Niveau. „Der Master unserer Fachhochschule hat das gleiche Niveau wie Absolventen von wissenschaftlichen Universitäten“, behauptet beispielsweise Graf. Absolventen seien für Führungstätigkeiten in der Industrie, aber auch für weiteres wissenschaftliches Arbeiten bestens vorbereitet, betont er.

Vertiefen und forschen

Ein universitäres viersemestriges Masterstudium Schiffbau und Meerestechnik bietet die Technische Universität Hansestadt Hamburg. Aber auch hier wird auf Praxisorientierung großer Wert gelegt: Es gibt – ähnlich wie bei den Fachhochschulen – als Alternative ein duales Studium, bei dem neben den Vorlesungen bereits in Unternehmen gearbeitet wird und so Wissen in Theorie und Praxis erworben werden kann. Die Universität Rostock bietet ebenfalls einen Masterlehrgang Schiffs- und Meerestechnik.

Schramm von der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt in Wien empfiehlt, auch ein Studium außerhalb des deutschsprachigen Raums in Erwägung zu ziehen. „Großbritannien hat weltweit einen guten Ruf auf diesem Gebiet, das kann von Vorteil sein, wenn man international arbeiten will.“ Etwa die Universität Strathclyde in Glasgow. Neben einem Masterlehrgang Schiffbau bietet die schottische Uni auch mehrere wissenschaftliche Programme in den Bereichen Schiffbau und Meerestechnik wie PhD oder MPhil. Strathclyde betreibt ein weltweit anerkanntes Zentrum für Schiffs- und Meerestechnik, das Forschungsarbeiten auf hohem Niveau durchführt.

Maritime Vorlieben

Das Studium auf dem Gebiet Schiffbau und Meerestechnik hat nicht nur den Vorteil, dass es derzeit fast so etwas wie eine Jobgarantie gibt: Alle Universitäten liegen nahe an der See. Und wer sich für den Americans Cup oder das Volvo Ocean Race begeistert, kann diesem Sport durch das Studium sogar nahekommen: Die Fachhochschule Kiel ist beispielsweise in diesem Bereich aktiv. Allerdings stellen die Aktivitäten quasi ein Kürprogramm während des Studiums dar, wie Graf ausdrücklich betont: „Die Beschäftigungsmöglichkeiten in diesem Bereich sind sehr beschränkt, deshalb steht beim Studium der Schiffbau im Vordergrund, die Jachten sind nur eine Nische.“

AUF EINEN BLICK

Schiffsbau ist in Österreich ein Nischenthema – es wird geforscht, etwa an der Schiffbautechnischen Versuchsanstalt in der Brigittenau, allerdings nicht gelehrt. Doch auch für die Flussschifffahrt(-Behörden) werden Experten benötigt.

Ausbildungen gibt es in Deutschland an Fachhochschulen und Universitäten, international angesehen sind vor allem im Masterbereich auch jene im englischsprachigen Ausland, etwa die Uni Strathclyde in Glasgow.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2019)

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