Auf Sand gebaut

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Einer kroatischen Insel ins Glas geschaut.

Welche drei Dinge braucht man auf einer Insel? Auf eines könnte man sich schnell verständigen: Es wäre doch von Vorteil, über Weinbau zu verfügen. Zum einen kann man sich mit Wein über das Fehlen anderer Dinge hinwegtrösten, zum anderen ist Weinbau eine Überlebensstrategie.

So hielten es jedenfalls die Sansegoti, die Bewohner der kroatischen Insel Susak. Viele waren es nie, die Insel ist klein. Und geologisch einzigartig in der Adria: nicht auf Stein, sondern auf Sand gebaut. Gegen Erosion pflanzte man Schilfrohr, und auch andere Zudringlichkeiten überdauerten die Sansegoti über die Jahrhunderte. Illyrer, Byzantiner, griechische Seefahrer und Römer haben vorbeigeschaut, die kirchlichen Feudalherren nahmen stets reichlich, und man stand unter venezianischer, österreichisch-ungarischer, deutscher, italienischer und jugoslawischer Kuratel. Und immer pflegte man den Weinbau. Der Lössboden ist günstig, Wein und Trauben waren wichtigste Handelsware. Auf bis zu einem Drittel der Insel wurde angebaut.

Was heute davon übrig ist, ist man schnell abspaziert, der Rest ist von Brombeersträuchern überwuchert. Zwischen den Weinstöcken hört man die Brandung. Im kommunistischen Jugoslawien der 1960er wurde Susak Teil einer Sperrzone, und was sich das Regime unter Landreform vorstellte, fanden die Sansegoti so überzeugend, dass sie fast geschlossen nach Italien flüchteten und von dort weiter in die USA zogen. Von einst etwa 1800 waren weniger als 180 zurückgeblieben.

Heute sind die Touristen da, einmal im Jahr kommen Expats zum Feiern. Und es gibt wieder Wein aus Susak, mehr ein Liebhaberprojekt, in Italien abgefüllt. Zivelji!

timo.völker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2019)

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