Die Welt hat nicht nur eine „Lunge“

Greber
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Jetzt, da am Amazonas die Wälder unheilvoll brennen, tönt es in Medien und NGOs fast unisono, dass „die Lunge der Welt" bedroht sei. Der Amazonas sei ja „das Atmungsorgan der Erde".

Tja, da ist einiges dran, und wenn der größte Urwald der Welt deutlich schrumpfen sollte, hat das wohl üble Folgen. Nur, es geht um etwas Semantisches, Faktisches, der Richtigkeit Geschuldetes: Der Amazonas ist sicher nicht „die" Lunge der Erde. Ihr sind über die Äonen nämlich gleich mehrere Lungen gewachsen!

Die wichtigste davon sind in Wahrheit - die Meere. Dort werden, sagen jedenfalls die Wissenschaftler, weit mehr als 50 Prozent des Sauerstoffs erzeugt, man liest teils gar von 75 Prozent. Sie speichern auch viel mehr Kohlendioxid und nehmen weit mehr von Mensch und Natur neu erzeugtes CO2 auf als alle Wälder des Planeten zusammen.

Laut Waldexperten sind übrigens (noch) rund 30% der Landfläche der Welt waldbedeckt, also auch in diesem Sinne Lungen. Es gibt daher solche Lungen, oder Lungenflügel, genauso etwa in Russland (und wie, siehe Sibirien!), Deutschland, Tschechien, Finnland, Rumänien, Frankreich, Kolumbien, Chile, Japan, China, Vietnam, Kanada, Australien...etc. Und in Österreich auch. Von dieser Waldfläche sind etwa 35% Urwälder - und von denen wiederum macht der Amazonas je nach Definition ein Drittel bis die Hälfte aus.

Auch gewöhnliche Böden, Grasland, Moore und so weiter sammeln außerdem das Treibhausgas CO2 und produzieren durch Photosynthese Sauerstoff. Man hat die klimarelevante Rolle von Steppen, Savannen und Grasländern wie etwa in Südamerika (Pampas), Nordamerika (Prärie), Afrika und Zentralasien, ja ganz simpel gesagt jene von Wiesen, egal ob in einem Wiener Park oder auf einer Tiroler Alm, lange unterschätzt. Siehe etwa diesen Link.

Zur Klarstellung: Das soll jetzt die Riesenfeuer am Amazonas sicher nicht schönreden. Aber wir dürfen die anderen Lungen unserer blauen Murmel im All, denen es teils auch nicht so gut geht, nicht vergessen. Sonst kriegen nämlich wir den Raucherhusten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2019)

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