Das Duo Navaridas & Deutinger setzt Obamas Nobelpreisrede tänzerisch um. Wie Krieg und Hoffnung auf die Bühne kommen.
Wenn Alexander Deutinger auf die Bühne kommt, kennt er die Choreografie seines eigenen Stücks nicht. Was er aber kennt, und zwar in- und auswendig, ist die Rede Barack Obamas anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn. Zehn Jahre ist seine Ansprache in Oslo schon her, doch die Paradoxien dieser Anerkennung haben sich in der Zwischenzeit nicht aufgelöst. Ein Friedenspreis für einen neuen US-Präsidenten, der zeitgleich Oberbefehlshaber der Streitkräfte eines mächtigen Landes war. Ein Präsident, der mitten in zwei Kriegen steckte. Obama, der in seiner Rede den Frieden pries, aber den Krieg bisweilen als notwendiges Instrument erachtete. „Er spricht darüber“, sagt Deutinger, „dass es viele andere geben würde, die den Preis mehr verdienen als er. Er sagt, dass er die Kontroverse versteht.“
Die Bühne also. Wenn Deutinger die Bühne betritt, spricht er die Rede in ihrer vollen Länge nach. Er bewegt sich dazu, kennt aber die einzelnen Regungen nicht, die gibt ihm nämlich seine Performance-Partnerin Marta Navaridas gewissermaßen aus dem Off, hinter dem Publikum, in Echtzeit vor. Er muss während des Sprechens ihren Anweisungen folgen, die zusammen mit dem gesprochenen Wort Obamas Rede neu definieren. Navaridas sagt: „Mit der Art, wie wir an den Text herangehen, kann die Rede nochmals hinterfragt werden. Wir ermöglichen einen neuen Filter darauf.“ Es ist der politische Tanz.