Forscher fordern „Biologisierung“ der Wirtschaft

Bioökonomie
BioökonomieAPA/EXPA/JOHANN GRODER
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Die Umstellung des Systems auf biologische Grundlagen gilt als unumgänglich.

Die Welt steht vor vielen Problemen: Die wachsende Bevölkerung und der steigende Güterverbrauch erfordern immer mehr Ressourcen und produzieren immer mehr Abfälle, die Umweltbedingungen verschlechtern sich, obendrein führt unser Wirtschaftssystem zu einer Klimaerwärmung.

Ein möglicher Ausweg kann die Bioökonomie sein – eine auf biogenen (anstatt fossilen) Rohstoffen beruhende Wirtschaftsweise. „Bioökonomie ist ein Schlüssel für das Erreichen der Nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO“, betonte der deutsche Vordenker Joachim von Braun bei den Technologiegesprächen. Er plädierte für eine sehr umfassende Sichtweise: Es gehe nicht nur darum, Biomasse als Rohstoff zu nutzen, sondern um die Umsetzung von Prinzipien der Biologie in allen Bereichen. „Bioökonomie ist kein eigener Wirtschaftssektor, sondern soll, wie die Digitalisierung, alle Bereiche durchdringen“, sagte von Braun. Daraus würde ein dezentrales Wirtschaftssystem mit neuen Wertschöpfungsketten und -netzen hervorgehen.

Bäume als Fabriken

Wie man sich das konkret vorstellen kann, illustrierte Elspeth MacRae mit Beispielen aus Neuseeland: Die Bioökonomie-Strategie stützt sich auf eine Ausweitung der Waldflächen. „Die Bäume sind Fabriken, die viele Substanzen herstellen, die wir nutzen können.“ Etwa Nanofasern aus Lignin, saubere Biotreibstoffe für die Schifffahrt, Bioraffinerien, die Stoffe aus Baumrinde gewinnen, oder innovative Zellulosefasern. Zwei Entwicklungen sieht sie als „Gamechanger“ an: Den 3-D-Druck mit innovativen Bio-Materialien sowie mobile Fabriken, die zu den Rohstoffen transportiert werden können (etwa zu Windwurfflächen in Wäldern).

Um die Potenziale heben zu können, sei eine enge Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Konsumenten nötig – und viel politischer Wille: „Bioökonomie kommt nicht von selbst, sie muss gestaltet werden“, sagte von Braun. Der Weg dorthin werde nicht einfach und nicht gratis sein. Aber es sei möglich: Immer mehr Konsumenten mache ein „low carbon lifestyle“ Spaß, merkte die deutsche Klimaforscherin Daniela Jacob an; auch die Industrie erkenne die Zeichen der Zeit und reagiere auf den Druck der Öffentlichkeit, ergänzte von Braun. Als problematisch sehen die Experten an, dass die nationale Politik nicht aktiv voranschreite, sondern hinter der Einstellung der Bevölkerung zurückbleibe.(ku)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2019)

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