Der Berliner Stadtsenat will Nettomieten bei knapp acht Euro pro Quadratmeter deckeln. Wer jetzt bereits eine höhere Miete zahlt, soll eine Herabsetzung verlangen können. Kritik kommt von der Immobilienwirtschaft, die CDU hält die geplante Regelung für verfassungswidrig.
Vorzeitig bekannt gewordene Eckdaten für den in Berlin geplanten Mietendeckel sind heftig kritisiert worden. Wohnungen sollen in den kommenden Jahren nach den Vorschlägen aus dem Haus von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) nicht mehr als knapp 8 Euro pro Quadratmeter kosten dürfen.
Je nach Jahr des Erstbezugs und Ausstattung der Wohnung sind Kaltmieten von 3,42 bis 7,97 Euro möglich. Wer bereits jetzt mehr zahlt - etwa in der Berliner Innenstadt -, soll eine Herabsetzung einfordern können.
"Dieser Mietendeckel, so wie er offenbar geplant ist, wird nicht vor Gericht standhalten können", sagte der Landesvorsitzende der Berliner CDU, Kai Wegner, der "Berliner Morgenpost" (Montag). Er kündigte juristische Schritte an: "Wir müssen uns das Gesetz natürlich anschauen, sobald es dann vorliegt." Er habe aber keinen Zweifel daran, dass das Gesetz verfassungswidrig sein werde. "Daher werden wir eine Normenkontrollklage einreichen", sagte Wegner.
Frank Schrecker, Vorstand der Berolina eG und Sprecher der Berliner Genossenschaften, nannte die Pläne "in höchstem Maße enttäuschend". In der vorliegenden Form wären die Pläne "insbesondere für die sozial orientierten Vermieter Berlins ein Schlag ins Gesicht". Schrecker rechnet mit "gravierenden wirtschaftlichen Schäden" und "Vertrauensverlust in den Rechtsstaat".
„Beispielloser Eingriff in die Marktwirtschaft"
Für die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sprach Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck von einem beispiellosen "Eingriff in die Marktwirtschaft mit unabsehbaren Folgen". Investoren würden sich sofort auf breiter Front zurückziehen.
Der SPD-Mittelstandsbeauftragte Harald Christ warf Lompscher "Versagen auf ganzer Linie" vor. "Sie ist eine Fehlbesetzung, sie schadet dem Wirtschaftsstandort Berlin, sie muss Platz für Kompetenz und Sachverstand machen und zurücktreten", sagte Christ dem "Tagesspiegel" (Montag).
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sagte, Mangel lasse sich nicht "mit irgendwelchen Mietendeckeln" verwalten. "Keiner wird mehr bauen, sanieren oder instand halten." Gegen Wohnungsnot und steigende Wohnkosten helfe die Ausweisung von neuem Bauland und die Senkung von Bau- und Bürokratiekosten.
Immobilienaktien rutschen ab
Der Wohnungsbaukonzern Vonovia befürchtet durch die Pläne für eine Mietobergrenze in Berlin Auswirkungen auf seine Geschäfte. Sollten die Pläne Wirklichkeit werden, würden sie die Mieteinnahmen im Jahr 2020 mit 20 bis 25 Millionen Euro belasten, teilte das Unternehmen am Montag mit. Das entspräche rund zehn Prozent der Mieteinnahmen in Berlin und rund einem Prozent der Mieteinnahmen im Konzern. "Weil sich weniger als zehn Prozent unseres Portfolios in Berlin befindet, sehen wir keine materiellen Risiken", hieß es in der Erklärung. Man habe außerdem ernsthafte Zweifel, dass das Einfrieren der Mieten verfassungskonform sei. Die Aktien von Vonovia verloren vorbörslich zwei Prozent, die Papiere von Deutsche Wohnen 2,8 Prozent.
Die von Heiko Kretschmer, Mitglied im erweiterten Präsidium des SPD-Wirtschaftsforums, geleitete Initiative Neue Wege für Berlin kündigte eine Volksinitiative "Faire Mieten Bauen" an, die sich für ein Gesetz für ein Programm zum Bau von 100.000 Wohnungen einsetzen will.
Der von SPD, Linke und Grünen geführte Berliner Senat will die Mieten vom Jahr 2020 an für fünf Jahre einfrieren, um die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zu beruhigen. Berlin wäre das erste Bundesland mit einer solchen Regelung.
Neubauten sind ausgenommen
Bestehende Verträge dürften nach den Papieren nicht über die am Stichtag (18. Juni) vereinbarte Miete hinausgehen. Diese Grenze gilt auch für Neuvermietungen solcher Wohnungen. Mieten jenseits der Obergrenzen sollen auf Antrag durch das Bezirksamt abgesenkt werden können. Kündigungen wegen Eigenbedarfs müssten vom Bezirksamt genehmigt werden. Bei Modernisierungen sind verschiedene Zuschläge auf die jeweilige Obergrenze möglich, dürfen aber zusammen nicht mehr als 20 Prozent betragen.
Die Regelungen sollen für alle vermieteten Wohnungen gelten. Ausnahmen gelten etwa für öffentlich geförderten Wohnungsbau, Studenten- und Jugendwohnheime oder Neubauten, die erstmalig 2014 bezugsfertig waren.
(APA/DPA)