Grasser-Verfahren einstellen? "Unmöglich"

Clemens Jabloner, Vizekanzler und Justizminister der Expertenregierung, spricht sich dafür aus, religiöse Symbole bei Richterinnen und Richtern zu verbieten; zu einem weiter gehenden Koptuchverbot hat er noch keine endgültige Meinung.
Clemens Jabloner, Vizekanzler und Justizminister der Expertenregierung, spricht sich dafür aus, religiöse Symbole bei Richterinnen und Richtern zu verbieten; zu einem weiter gehenden Koptuchverbot hat er noch keine endgültige Meinung. Daniel Novotny
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Justizminister Clemens Jabloner weist das Ansinnen von Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff zurück. Und will auch bei „zutiefst unsympathischen Gruppen“ wie den Identitären die Grundrechte nicht eingeschränkt sehen.

Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, hat im „Presse“-Interview gefordert, das Verfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser einzustellen, weil es schon zu lang gedauert habe. Sie könnten als Justizminister die Staatsanwaltschaft anweisen, die Anklage zurückzuziehen.

Clemens Jabloner: Theoretisch könnte ich eine solche Weisung erteilen, aber nur auf rechtsstaatlichem Boden. Die rechtliche Grundlage dafür kann ich nicht sehen. Die Weisung wäre auch wegen der Beispielswirkung unmöglich. Die überlange Verfahrensdauer bei Grasser, die zweifellos gegeben ist, ist sehr bedauerlich. Sie ist aber nur zu einem kleineren Teil auf das Gerichtsverfahren zurückzuführen, das sehr umsichtig und zügig geführt wird. Sollte Grasser nicht freigesprochen werden, ist es im Sinn der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass man die lange Verfahrensdauer als mildernden Faktor in die Strafzumessung einbringt.

Könnte eine Strafe auch auf null reduziert werden?

Das Gericht ist unabhängig, ich kann ihm nicht vorgreifen. Aber das wäre ein sehr kühner Schritt. 

Sie haben hier in Alpbach die Bestrebungen des früheren Innenministers Herbert Kickl kritisiert, die Grundrechte abzuwerten. Unterstützen Sie die Einstellung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, nicht noch einmal einen Innenminister Kickl angeloben zu wollen?

Ich habe da keine Zuständigkeit, dem Bundespräsidenten etwas zu raten. Aber, dass ich Kickl denkbar weit fernstehe, ist aus meinen Äußerungen ersichtlich geworden. Der Versuch, die Grundrechte negativ zu konnotieren, sie lächerlich zu machen, hat mich beunruhigt. Das ist eine politische Vorgangsweise, die mir ganz bedenklich erscheint.

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