Täglich werden in Ostdeutschland mindestens fünf Menschen Opfer rechter Gewalt. Sachsen und Brandenburg gehören zu den Spitzenreitern.
Der „Nationalsozialistische Untergrund", die „Gruppe Freital“, die „Revolution Chemnitz“: Es sind rechtsextreme Vereinigungen, die dem Image Ostdeutschlands, insbesondere des Freistaats Sachsen, schaden, ihm den Ruf eines Hortes für rechte Gruppierungen bescheren (siehe Timeline). Die in der Öffentlichkeit breit diskutierten Vergehen sind dabei nur ein prominenter Ausschnitt dessen, was sich in den ostdeutschen Bundesländern abspielt: Opfernverbänden zufolge sind vergangenes Jahr täglich mindestens fünf Menschen Opfer rechter Gewalt geworden. Ihre Feindbilder: Ausländer, Asylbewerber und Muslime, aber auch Politiker.
Drei rechtsextreme Aufreger
2015 fliegt der „Nationalsozialistische Untergrund“ auf. Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten fast 14 Jahre lang im Untergrund gelebt - zuletzt im sächsischen Zwickau. Die beiden Männer ermordeten zehn Menschen, begingen zwei Sprengstoffanschläge mit vielen Verletzten und mehrere Raubüberfälle. Am Ende nahmen sie sich das Leben. Nach mehr als fünf Jahren Prozess wird Zschäpe im Juli 2018 wegen der Mordserie und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu lebenslanger Haft verurteilt. Weitere NSU-Unterstützer erhalten vom Oberlandesgericht (OLG) München Haftstrafen. Mehrere Angeklagte kündigen an, Revision einzulegen.
Zwei Menschen werden leicht verletzt als die „Gruppe Freital“ 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt. Die acht Mitglieder der Vereinigung werden im März 2018 vom OLG Dresden unter anderem wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und versuchten Mordes zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt. Sechs legen Revision ein.
Am 26. August 218 war am Rande des Chemnitzer Stadtfestes der 35-jährige Daniel H. erstochen worden – nach einem kürzlich ergangenen Urteil des Landgerichts Chemnitz von einem syrischen Flüchtling. Die Tat hatte rechte Demonstrationen und rassistische Übergriffe ausgelöst - vermutlich auch durch die rechte Gruppe "Revolution Chemnitz". Der Streit um die Frage, ob es dabei "Hetzjagden" gegeben habe, wurde auch zur Zerreißprobe für die große Koalition aus Union und SPD – und führte letztlich dazu, dass der damalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, seinen Posten verlor. Maaßen hatte damals die Authentizität eines Videos zur Verfolgung von Ausländern bezweifelt.
Rechtsextremismus ist keineswegs nur ein ostdeutsches Problem. Die Szene ist in Deutschland bundesweit gewachsen - Innenminister Horst Seehofer nannte die Lage „besorgniserregend“. Und den ersten mutmaßlich rechtsextrem motivierten Politiker-Mord der Nachkriegsgeschichte gab es heuer im westdeutschen Hessen.