Gutes Zeugnis fürs alternierende Fasten

Alternierendes Fasten funktioniert - und ist zudem gesund.
Alternierendes Fasten funktioniert - und ist zudem gesund.(c) Imago (Photocase)
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Abwechselnd einen Tag gar nichts essen und einen Tag nach Belieben: Diese simple Diätformel ist derzeit en vogue. Nach einer großen Studie attestieren ihr Grazer Forscher, dass sie nicht nur zur Gewichtsreduktion taugt, sondern auch gesund ist.

Schnitzel oder Salatblatt? Darüber – und darüber, ob man darüber debattieren darf – wird derzeit am Rande des Wahlkampfs debattiert. Durch die weniger politischen Sektionen der Medien geistert schon länger eine Diät, die sagt: Weder Schnitzel noch Salat, und auch sonst nichts Nahrhaftes, zumindest jeden zweiten Tag (genauer: durchgehend 36 Stunden lang). An den jeweils anderen Tagen (genauer: innerhalb von zwölf Stunden) darf man essen, was man will.

Alternierendes Fasten nennt man das, und Forscher um Frank Madeo an der Karl-Franzens-Universität Graz präsentieren nun in Cell Metabolism (30, 3. 9.) die bisher weltweit größte Studie darüber. Sie steht in einer langen Tradition. In den 1930er-Jahren zeigten US-Biochemiker erstmals an Ratten, dass kalorienarme Ernährung gesund ist und das Leben verlängert. Seither ist dieser Zusammenhang an vielen Tierarten bestätigt worden, von Würmern über Fliegen bis zu Affen. Parallel dazu haben Studien an vielen Tieren ergeben, dass phasenweises strenges Fasten noch wirksamer ist.

All diese Tiere wurden freilich von Forschern zum Fasten genötigt. Im Gegensatz zu den Versuchspersonen der Grazer: 60 normalgewichtige, gesunde Personen, von denen 30 vier Wochen lang jeden Tag essen konnten, was und wie viel sie wollten, wogegen die anderen 30 das nur jeden zweiten Tag taten. An den jeweils anderen Tagen fasteten sie streng, kontrolliert wurde das nicht nur durch Tagebücher, sondern auch durch Blutmessungen (Glukose).

3,5 Kilogramm in vier Wochen

Natürlich kompensierten sie diese Entbehrungen an den Esstagen, allerdings aßen sie – im Gegensatz zu Mäusen bei ähnlichen Experimenten – nicht doppelt so viel, sondern nur um ein Viertel mehr. So verloren sie in den vier Wochen im Durchschnitt 3,5 Kilo, und zwar vor allem an dem, was die Wissenschaft „lipotoxic android trunk fat mass“ nennt, also Bauchfett. Dazu sank ihr Blutdruck, auch biochemische Marker bezeugen die Wirkung des alternierenden Fastens: Entzündungsparameter und das Schilddrüsenhormon Trijodthyronin sanken, der Ketokörper β-Hydroxybutyrat stieg.

Kein Schaden fürs Immunsystem

Diese Ergebnisse wurden auch mit denen einer dritten Gruppe verglichen: von 30 Personen, die schon vor der Studie mindestens sechs Monate lang alternierendes Fasten betrieben hatten. Bei ihnen waren die Effekte noch größer, dazu kamen etwa verringerte Cholesterinwerte. Vor allem aber sollte dieser Vergleich einer Absicherung dienen, um zu prüfen, dass alternierendes Fasten keine negativen Folgen hat, wie sie gleichmäßige Kalorienrestriktion haben kann: Sie kann das Immunsystem herunterfahren, also anfälliger für Infektionskrankheiten machen. Das tut alternierendes Fasten offenbar nicht.

Den Erfolg dieser Methode erklären die Forscher aus einer evolutionären Perspektive: Im größten Teil der menschlichen Geschichte war es normal, dass Zeiten des Hungers sich mit Phasen des plötzlichen Überschusses an Nahrung – und entsprechenden Fressorgien – abwechselten. Dazu kommt der gesunde Effekt, der eintritt, wenn an Fasttagen das Autophagie-Programm eingeschaltet wird, bei dem die Zellen diverse Abfallprodukte aufarbeiten.

Natürlich können und wollen die Grazer das alternierende Fasten nicht als Diät für alle empfehlen. Aber zum Abnehmen sollte es taugen, meint Madeo: „Und es könnte sogar als klinische Intervention gegen durch Entzündungen ausgelöste Krankheiten nützlich sein.“ Für Menschen, die mit dem tageweisen Verzicht Probleme haben, hat Madeo, der auch bei Fastenseminaren in Klöstern spricht, aufmunternde Worte: „Begrüßen Sie den Hunger wie einen Freund.“

Weitere Arbeiten, etwa an Diabetikern, sollen folgen; interessant wäre wohl auch eine Studie über die zweite derzeit boomende Diät, das 16-Stunden-am-Tag-Fasten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2019)

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