Datenbank voller Expertinnen

„Frauen sind oft nicht leicht zu finden“: Sophie Rendl lässt „diese Ausrede“ nicht gelten.
„Frauen sind oft nicht leicht zu finden“: Sophie Rendl lässt „diese Ausrede“ nicht gelten.(c) Daniel Novotny
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Nach wie vor diskutieren vor allem Männer auf Podien. Sophie Rendl und Hannah Zach wollen mit der kostenfreien „Frauendomäne“ gegensteuern.

Sophie Rendl ist 28 Jahre alt. Juristin. Sie sitzt im Vorstand des Forums Alpbach Network, der Dachorganisation von mehr als 30 internationalen Klubs – und ist damit mitverantwortlich für das Programm der Stipendiaten. Zudem befasst sie sich mit Fragen der Gleichberechtigung. Und hat Nein zu Belästigungen jeder Art gesagt – gemeinsam mit sechs ehemaligen Stipendiaten der IG Wien. Die Konsequenz war 2017 die Kampagne „Harassment is not tolerated here.“

Hier, das war das Tiroler Bergdorf Alpbach. „Harassment“, das waren Schikanen gegenüber Forumsteilnehmern, insbesondere Frauen, die ihrer Ansicht nach bei den Diskussionsveranstaltungen zu wenig Niederschlag fanden. „Die Formen der Belästigung reichen von verbalen bis hin zu körperlichen Übergriffen“, sagt Rendl. „Auf roten Plakaten, die wir im Ort verteilten, notierten wir daher alles, was nicht erwünscht ist, auf grünen Versionen, was man tun soll: andere so behandeln, wie sie es gerne möchten – und nachfragen.“

„Ausreden nicht gelten lassen“

Aus der Aktion ist ein Verhaltenskodex (Code of Conduct) geworden, der vor zwei Monaten vom Vorstand des Europäischen Forums Alpbach abgesegnet wurde. „Damit müssen nun alle, die sich zum Forum anmelden, den Code of Conduct akzeptieren“, betont Rendl. Nicht hinnehmen will die Juristin hingegen, dass immer noch mehr Männer als Frauen auf den Podien im Dorf – und in ganz Österreich – Platz nehmen. Beim diesjährigen Forum liegt der Frauenanteil bei 39 Prozent – 190 Diskutantinnen sitzen 303 Männern gegenüber. In den Arbeitskreisen alias „Breakout Sessions“ ist das Verhältnis um einen Prozentpunkt besser – in absoluten Zahlen: 189 zu 284. „Die Zahlen sind zwar besser, als sie es noch vor fünf Jahren waren, am Ziel sind wir aber noch lange nicht“, meint Rendl. Konkret: „Fast jeder Bereich ist eine Männerdomäne, dabei gibt es so viele Expertinnen in jedem Fachbereich“, sagt Rendl. Das Problem dabei: „Diese sind nicht immer leicht zu finden, heißt es – das ist eine Ausrede, die wir nicht mehr länger gelten lassen wollten.“

Ein Jahr lang hat die Wienerin gemeinsam mit der Kommunikationsberaterin Hannah Zach nach Auswegen aus dem Dilemma gesucht. „Wir waren im ganzen Land unterwegs, haben mit Frauennetzwerken gesprochen, Unternehmen besucht, uns an öffentliche Stellen gewandt.“ Am Ende stand das Fazit, dass „Österreich eine Übersicht über seine geballte weibliche Kompetenz braucht“. Und zwar in Form einer kostenlosen Datenbank, in der sich Frauen eintragen können und auf die Unternehmen, die nach Expertinnen für Vorträge, Debatten und Workshops suchen, Zugriff haben.

„Den Männern soll durch unser Vorgehen nichts weggenommen werden“, wehrt sich die 28-Jährige gegen den Vorwurf der umgekehrten Diskriminierung. „Wir wollen lediglich das bestehende Ungleichgewicht begradigen – immerhin ist wissenschaftlich erwiesen, dass gemischte Teams erfolgreicher agieren, als es reine Männergruppen tun.“

Um ihr Vorhaben zu realisieren, gründeten Rendl und Zach den Verein Frauendomäne und ließen von drei Programmiererinnen eine Webseite erstellen, die seit 12. August unter der Adresse www.frauendomaene.at abrufbar ist. Dort findet sich eine Eingabemaske. „Die Frauen sollen angeben, worin sie firm sind, können einen Lebenslauf hochladen, Links zu Publikationen, Videos oder verliehenen Preisen setzen“, zählt sie auf. Auf akademische Erfolge kann ebenfalls eingegangen werden. „Das muss aber nicht sein“, betont Rendl. „Für uns setzt Expertise kein Studium voraus.“

Ab 9. Oktober online abrufbar

Auch die Sprache stellt kein Ausschlusskriterium dar, ebenso wenig die Staatsbürgerschaft. „Momentan konzentrieren wir uns auf Frauen, die in Österreich tätig sind – dafür müssen sie aber weder Deutsch sprechen noch hier wohnen“, meint Rendl. „Jedem Unternehmen steht es schließlich frei, Expertinnen einfliegen zu lassen, um das Ungleichgewicht bei Veranstaltungen zu begradigen.“

Zugegriffen werden kann auf die Datenbank erst ab 9. Oktober. „Derzeit überprüfen wir alle Profile auf Korrektheit“, sagt Rendl. Ein zweiter Hintergedanke: „Wir wollten mit einem Stock von 300 Expertinnen online gehen – schon jetzt liegen wir weit darüber.“

AUF EINEN BLICK

Frauendomäne. Die Juristin Sophie Rendl und die Kommunikationsberaterin Hannah Zach haben den gemeinnützigen Verein Frauendomäne gegründet, um Frauen bei Diskussionsveranstaltungen in Österreich sowie als Vortragende bei Workshops oder Festivals sichtbarer zu machen. Seit 12. August ist unter frauendomaene.at die Eingabemaske abrufbar, in der Frauen eintragen können, in welchen Gebieten sie über Expertenwissen verfügen. Ab dem 9. Oktober geht die Datenbank online – und kann kostenfrei durchsucht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2019)

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