Neuwahl oder "unnatürliche Allianz" aus Sozialdemokraten und Fünf Sternen?

Der Quirinalspalast in Rom ist Amtssitz des italienischen Präsidenten, Sergio Mattarella.
Der Quirinalspalast in Rom ist Amtssitz des italienischen Präsidenten, Sergio Mattarella.APA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE
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In Italien nimmt die mögliche Koalition eine erste Hürde, Giuseppe Conte könnte Ministerpräsident bleiben. Am Abend ist Präsident Sergio Mattarella am Zug.

In Rom verhandeln die oppositionellen Sozialdemokraten (PD) weiter mit der bisher regierenden Fünf-Sterne-Bewegung, während Staatspräsident Sergio Mattarella am Mittwoch die im Parlament vertretenen Parteien traf. Danach will er entscheiden, ob es eine neue Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten (PD) geben kann oder ob nur eine Neuwahl möglich ist.

Der Abschluss der Gespräche wird für etwa 19.30 Uhr erwartet. Unklar ist, ob Mattarella sich bereits direkt im Anschluss an die Konsultationen öffentlich äußern wird. Die Allianz zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega von Innenminister Matteo Salvini war in der vergangenen Woche endgültig zerbrochen. Seitdem verhandeln die Fünf Sterne mit den Sozialdemokraten über ein Bündnis. Die Gespräche wurden auch am Mittwoch fortgesetzt.

Weg für Conte frei

Der PD gab ihrem Parteichef Nicola Zingaretti ein Mandat für eine Regierungsallianz mit der Fünf-Sterne-Bewegung. Damit erhielt Zingaretti auch das Mandat, den parteilosen Giuseppe Conte als neuen Ministerpräsidenten zu akzeptieren. Damit ist ein wesentliches Hindernis für eine Koalition mit der populistischen Partei beseitigt.

"Den Weg, den wir in diesen Tagen eingeschlagen haben, ist und bleibt schwierig. Italien braucht eine Regierung der Umkehr", sagte Zingaretti und erklärte, die PD wolle nicht einfach ein Ersatz der Lega in der Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung sein. Gegen die "gefährliche Rechte" benötige Italien eine neue Regierung, sagte Zingaretti in seiner Ansprache vor dem PD-Gremium am Mittwoch in Rom. Wichtig sei es, Italien eine Zukunft zu sichern.

Auf dem Weg zu einer Regierungsallianz mit den einst verfeindeten Sozialdemokraten muss der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, eine wichtige Hürde bewältigen. Die Parteimitglieder sollen mithilfe der Online-Plattform der Bewegung über eine mögliche Regierungskoalition mit der PD abstimmen. Votieren die Aktivisten gegen den Regierungspakt, scheitert die Allianz. Die Online-Abstimmung könnte laut Medienberichten am kommenden Wochenende stattfinden.

Salvini nennt Bündnis „unnatürliche Allianz"

Der italienische Innenminister und Chef der Lega Salvini warnte indes vor einer neuen Regierung, die "ohne die Zustimmung der Mehrheit der italienischen Wählerschaft" entstehe. Salvini bekräftigte seine Forderung nach Neuwahlen im Oktober. Der 46-jährige Mailänder bezeichnete einen möglichen Regierungspakt aus PD und Fünf-Sterne-Bewegung als "unnatürliche Allianz". Sie entstehe lediglich, weil die beiden Parteien ihre Macht bewahren wollen. Als "Regierung der Sesselkleber und der Verlierer" bezeichnete Salvini das mögliche Kabinett aus PD und "Cinque Stelle".

Salvini, der am Mittwochnachmittag Mattarella für politische Konsultationen traf, prophezeite einer möglichen Regierung aus PD und "Cinque Stelle" ein kurzes Leben. Die beiden Parteien seien zu verschieden, um eine ganze Legislaturperiode bis 2023 im Sattel zu bleiben. "Die beiden Parteien können sich nicht ewig in den Regierungspalästen verschanzen. Früher oder später wird es zu Neuwahlen kommen müssen", sagte Salvini. Er fürchte sich nicht davor, in der Opposition seinen politischen Kampf fortzusetzen.

Innenminister Salvini hatte Anfang August das erst 14 Monate alte Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung platzen lassen. Premier Conte war vergangene Woche zurückgetreten. Sein Bruch mit der Fünf-Sterne-Bewegung kommt Salvini politisch teuer zu stehen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Winpoll, die am Sonntag die Mailänder Wirtschaftszeitung "Sole 24 Ore" veröffentlichte, sank die Unterstützung seiner Lega gegenüber einer Befragung vom 30. Juli von 38,9 auf 33,7 Prozent.

(APA)

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