Der parteilose Anwalt wird nun prüfen, ob die Bedingungen für eine tragfähige Koalition aus der bisher regierenden Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten vorhanden sind. Und bekennt sich zu Europa, Umwelt und sozialer Gerechtigkeit.
In Italien sind die Weichen für die Bildung einer neuen Regierung bestehend aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten (PD) gestellt. Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Donnerstagmorgen dem scheidenden Premier, Giuseppe Conte, in Rom den Auftrag zur Koalitionsbildung erteilt. Conte habe am Ende eines einstündigen Gesprächs mit dem Staatsoberhaupt den Auftrag "mit Vorbehalt" angenommen, teilte der Generalsekretär im Quirinal, dem Sitz des Präsidenten, Ugo Zampetti, mit.
Der parteilose Conte will jetzt überprüfen, ob die Bedingungen für den Aufbau einer tragfähigen Koalition aus den Sternen und der PD vorhanden sind. In der Zwischenzeit plant die Fünf-Sterne-Bewegung eine Online-Konsultation unter ihren Anhängern, die das Bündnis mit den Sozialdemokraten absegnen sollen.
Sein Ziel sei es, eine "Regierung im Zeichen des Neuen" auf die Beine zu bringen, sagte Conte beim Verlassen des Quirinal Donnerstagmittag. Italien erlebe eine "heikle Phase" und müsse die Ungewissheit infolge der Regierungskrise überwinden. Das neue Kabinett müsse sich sofort an die Arbeit machen, um ein Budget zu verabschieden.
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Die neue Regierung werde sich dafür einsetzen, dass Italien eine Protagonistenrolle in Europa spiele, zeigte sich Conte weiters überzeugt. Wirtschaftswachstum, soziale Entwicklung, Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und die Umwelt seien die Schwerpunkte, auf die das neue Regierungsprogramm setzen müsse, erklärte der parteilose Anwalt - und räumte ein, dass er Zweifel gehegt habe, ob er einen zweiten Auftrag zur Regierungsbildung nach jenem im Juni 2018 annehmen soll.
"Das ist kein Slogan, sondern ein Horizont"
Er habe dann den Auftrag angenommen, da er weiterhin im Dienst der Gemeinschaft arbeiten wolle, fügte er an. Einsatz für das Wohl aller Bürger und nicht für die Interessen eines einzelnen politischen Lagers habe stets sein politisches Handel inspiriert. Sein Traum sei der Beginn eines "neuen Humanismus" in Italien. "Das ist kein Slogan, sondern ein Horizont, nach dem wir streben müssen", sagte der Süditaliener.
Der 55-jährige Conte hatte seit Juni 2018 ein Kabinett aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega geleitet, das vor zwei Wochen in die Brüche gegangen war, nachdem Innenminister Matteo Salvini die Zusammenarbeit für beendet erklärt und auf Neuwahlen gepocht hatte. Vergangene Woche hatte der aktuell geschäftsführende Ministerpräsident Conte mit seinem Rücktritt dann das Ende der Regierung offiziell besiegelt. Nun könnte es also eine neue Koalition geben, wieder unter Führung des Rechtsprofessors. Geht der Plan auf, soll die neue Regierung bis Ende der Legislatur 2023 halten.
Pikant: Noch bis vor wenigen Tagen waren sich die Fünf-Sterne-Bewegung und die italienischen Sozialdemokraten spinnefeind. So war auch eine Regierungszusammenarbeit nach den Wahlen im März 2018 nicht zustande gekommen. Die gegensätzlichen Parteien wollen nun jedoch beide eine Neuwahl verhindern, aus der Salvinis Lega wohl als stärkste Kraft hervorgehen würde. Letzterer hatte sich am Mittwoch noch betont unverdrossen gegeben: „Früher oder später wird gewählt. Wie auch immer das Urteil des Volkes ausfällt, man muss sich ihm stellen. Wir stellen uns diesem mit erhobenem Haupt, während andere sich Masken aufsetzen müssen, nicht nur zum Karneval.“
(APA/Red.)