WLAN-Daten abgehört: Österreich prüft Klage gegen Google

A camera used for Google street view is pictured at the CeBIT computer fair in Hanover
A camera used for Google street view is pictured at the CeBIT computer fair in Hanover(c) REUTERS (Christian Charisius)
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Die Datenschutzkommission fordert eine sofortige Löschung aller WLAN-Daten, die Google mit dem Street-View-Projekt gesammelt hat. Neben den Standorten wurde auch der Datenverkehr abgehört.

Österreichs Datenschutzkommission überlegt rechtliche Schritte gegen Google. Das Unternehmen hat im Zuge des Street-View-Projekts zahlreiche Kameraautos durch das Land fahren lassen und hat Fotos für eine Art virtuellen Stadtrundgang geschossen. Jetzt stellte sich heraus, dass der Webkonzern auch unbefugt Daten von WLAN-Knotenpunkten gesammelt und den Internet-Datenverkehr der entsprechenden Nutzer abgehört hat. Das sei schlicht und einfach verboten, sagt Waltraut Kotschy von der Datenschutzkommission im Ö1-Morgenjournal. Sämtliche Daten sollen gelöscht werden, fordert die Kommission. In Deutschland ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft aufgrund des abgehörten Datenverkehrs. Dort will man aber die Löschung verhindern, damit Beweismaterial für ein Verfahren erhalten bleibt.

Google hat Glaubwürdigkeitsproblem

"Wir haben Google gegenüber sofort den Auftrag erteilt, umgehend die Daten zu löschen, weil keine Rechtsgrundlage für die Ermittlung besteht", erklärt Kotschy. Google betont, dass die Speicherung der WLAN-Daten irrtümlich geschehen sei. Inzwischen ist Google der Aufforderung der Datenschutzkommission nachgekommen. Das US-Unternehmen ISEC Partner Incorporated hat den Vollzug der Löschung bestätigt. Google hat die Drittfirma hinzugezogen, um seine Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Österreich besteht deshalb auf der Löschung, da die abgefangenen Daten in den USA liegen und der Zugriff auf diese bei einem allfälligen Rechtsstreit nicht einfach sei, erklärt Kotschy. "Ich will diese Daten nicht in den USA lassen", so die Datenschützerin im Gespräch mit DiePresse.com.

WLAN-Ortung wurde verschwiegen

Die Ortung der WLAN-Stationen an sich war von Anfang an Googles Absicht, nicht jedoch das Abfangen der Inhalte. Der Konzern nutzt die Ortsdaten etwa zur Standortbestimmung, wenn GPS-Signale zu schwach sind. Dass diese WLAN-Ortungen teil des Street-View-Programms sind, wurde der Datenschutzkommission nicht mitgeteilt. Man sei "nicht glücklich" darüber, so Kotschy. Google habe zugesichert, dass auch diese Daten gelöscht werden sollen. Betroffen von der Datensammlung sind nur ungeschützte WLAN-Zugangspunkte. Wer sein drahtloses Netzwerk mit einem Passwort gesichert hat, dürfte demnach nicht betroffen sein.

Rechtliche Schritte werden geprüft

Ob jetzt rechtliche Schritte gegen Google eingeleitet werden, wird derzeit überlegt. Bei der Staatsanwaltschaft wurde noch keine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Das Problem sei, dass es in Sachen Datenschutz kaum Sanktionen gebe, klagt Kotschy. Man könne lediglich beanstanden, dass Google zu Beginn nicht über die Erfassung der WLAN-Standorte informiert hat. "Wir werden das prüfen", sagt Kotschy. Die Kameraaufzeichnungen für Street View sind übrigens nicht von dem Streit betroffen. Sie sind ordnungsgemäß durchgeführt worden und bleiben bestehen.

Sammelklage gegen Google in den USA

In den USA läuft bereits eine Sammelklage gegen Google. Wie Computerworld berichtet, droht dem Konzern eine Strafe von 10.000 Dollar pro abgefangenem WLAN-Hotspot. Die Klage wurde von einem Mann aus Washington und einer Frau aus Oregon vor einem US-Bundesgericht eingebracht. Google soll ihrer Ansicht nach Datenschutzgesetze verletzt haben. Sie haben auch eine einstweilige Verfügung angestrengt, um Google an der Löschung der Daten zu hindern. Diese seien für den Prozess relevant, heißt es.

(Red.)

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