Der deutsche Afghanistan-Einsatz ist drei Mal so teuer wie bislang bekannt. Er dürfte insgesamt 36 Milliarden Euro kosten. In ihrer Studie berechnen zwei Ökonomen auch die Kosten gefallener Soldaten.
Der Afghanistan-Einsatz der deutschen Bundeswehr ist dreimal so teuer, wie bislang bekannt, haben die Ökonomen Tilman Brück und Olaf de Groot errechnet. In ihrer Studie berechnen sie auch die Kosten gefallener Soldaten: Pro totem Deutschen veranschlagen sie 2,3 Millionen Euro.
"Es wäre zynisch, eine solche Berechnung zu unterlassen", rechtfertigt Brück im Interview mit dem "manager magazin". Nur, wenn die Kosten eines Krieges offengelegt würden, könne eine aufgeklärte Debatte darüber beginnen, ob der politische Nutzen diese Kosten rechtfertigt. "Wir wollen für Transparenz zumindest auf der einen Seite der Gleichung sorgen", so Brück.
Der Betrag von 2,3 Millionen Euro entspreche dem, was in der EU auch in anderen Kosten-Nutzen-Analysen als Preis für ein Menschenleben veranschlagt wird - etwa beim Thema Verkehrssicherheit.
Afghanistan kommt nicht zur Ruhe. Dem islamischen Land wird durch die neue US-amerikanische Obama-Administration eine zentrale geopolitische Rolle zugesprochen - seine internationale Schutztruppe (ISAF) rückt in den Blickpunkt der globalen Öffentlichkeit. In der USA ist der Krieg in Afghanistan unbeliebt, steigen doch die US-Verluste stetig. (c) AP (Fraidoon Pooyaa)
Die internationale Nato-Schutztruppe von Afghanistan (ISAF) ist wegen Kampfhandlungen und Anschlägen regelmäßig in den Schlagzeilen. (c) EPA(Jalil Rezayee)
Der seit Dezember 2001 bis jetzt andauernde internationale Militär-Einsatz gegen Aufständische und Terror-Paten ist nur mäßig erfolgreich. Der langjährigen Forderung der ISAF-Generäle nach einer deutlichen Aufstockung der Schutztruppe kommt nun die internationelale Gemeinschaft nach. (c) Reuters (Nikola Solic)
Erst kürzlich entsendete Großbritannien 500 zusätzliche ISAF-Soldaten. Im Frühjahr 2010 werden von den Vereinigten Staaten wahrscheinlich etwa 40.000 zusätzliche Soldaten entsendet.Im Gegensatz dazu, wird in Deutschland und Italien ein Abzug aus dem Krisengebiet gefordert. (c) EPA (Jawed Kargar)
ISAF steht abgekürzt für "International Security Assistance Force". Diese Schutztruppe wird von der Nato geführt.Deutschland engagiert sich seit 2002 in Afghanistan. (c) EPA (Jawed Kargar)
Vom 1. Februar bis 11. Dezember 2002 erfolgte ein ISAF-Einsatz des Österreichischen Bundesheers in Afghanistan. (c) EPA/AFPI (Prakash Singh)
Der damalige freiheitliche Verteidigungsminister "Wachtmeister" Herbert Scheibner besuchte im Jahr 2002 österreichische Soldaten in Afghanistan. (c) EPA/AFPI (Prakash Singh)
Nach langer innenpolitischer Diskussion in Deutschland wurde im Dezember 2003 der ISAF-Einsatz der Bundeswehr auf die Stadt Kunduz ausgedehnt. (c) EPA/ISAF/HO
Erstreckte sich das Operationsgebiet von ISAF zunächst nur auf Kabul und Umgebung, so wurde es schrittweise auf weitere Teile des Landes ausgedehnt. (c) EPA (Jalil Rezay)
Im Jahr 2005 wurde durch die sogenannte "Stage II" auch ISAF-Verantwortung für das westliche Afghanistan übernommen - ein Jahr später war die ISAF auch für den Süden Afghanistans verantwortlich. (c) EPA (Jalil Rezay)
Im Rahmen der ISAF nehmen 42 Nationen, sowohl aus Nato-Staaten wie auch Nicht-Nato-Staaten, mit rund 61.100 Soldaten teil. (c) AP (Anja Niedringhaus)
Davon stellen die Vereinigten Staaten rund 28.900, Großbritannien etwa 8.300, Deutschland 3.380, Frankreich 3160, Kanada 2800, Italien 2795 und Polen ungefähr 2000 Soldaten. (c) EPA (Str)
Die ISAF-Schutztruppe hat gegenüber der Zivilbevölkerung nur eingeschränkte Rechte. (c) EPA (Jalil Rezay)
Sie darf bei kriminellen Akten innerhalb der Zivilbevölkerung nur den örtlichen Behörden als zusätzliche Hilfe zur Seite stehen. (c) AP (Anja Niedringhaus)
Grundlegend hat die ISAF das Recht, sich bei Bedrohungen gegen Personal und Material zu verteidigen. (c) Reuters (Nikola Solic)
Ärztliche Versorgung der Zivilbevölkerung liegt ebenfalls im ISAF-Aufgabengebiet. (c) EPA (Jalil Rezay)
Die ISAF-Truppe soll sich bei Aufgaben, die den Staatsorganen Afghanistans zukommen, bewusst im Hintergrund halten und soll versuchen, deeskalierend zu wirken. (c) AP (Anja Niedringhaus)
Fahrzeugkontrollen etwa werden nicht von der ISAF, sondern nur von afghanischen Polizeieinheiten vorgenommen. Im Bild ein österreichischer Soldat, der im Jahr 2002 im ISAF-Einsatz war. (c) EPA/AFPI (Prakash Singh)
Bei Patrouillenfahrten oder Betreuung der Bevölkerung wird kein Helm getragen, da die Soldaten nicht als militärische Besatzungsmacht auftreten wollen. (c) AP (Anja Niedringhaus)
Die rechtliche Situation der ISAF-Soldaten ist als relativ unsicher zu bezeichnen, da beim Einsatz von Schusswaffen, zur Abwehr von Gefahren für das eigene Leben oder das der Kameraden, das Recht der beteiligten Nationen gilt. (c) EPA (Jalil Rezay)
Im Jahr 2008 beantragte der Supreme Allied Commander Europe Bantz J. Craddock beim federführenden Nordatlantikrat der Nato, dass ISAF künftig auch ermächtigt werden soll, Drogenhändler und ihre Infrastruktur unter anderem mittel gezielter Operationen zu bekämpfen ... (c) EPA (Jalil Rezay)
... um den Taliban und anderen aufständischen Gruppen die Finanzierung durch Drogengeld zu entziehen, die rund hundert Millionen Dollar im Jahr betragen soll. (c) AP (Fraidoon Pooyaa)
Österreichs Nachbar Italien hat bis dato 22 Soldaten in Anfghanistan verloren, Deutschland 43. (c) AP (Pajhwok)
Die aktuell gehaltene ISAF-Verlustliste ist auf CNN.com einsehbar.--> Thomas Seifert in Afghanistan-->Soldat Prinz Harry: Der Royal in Afghanistan--> Fotoreise durch Afghanistan (c) EPA (Stringer)
ISAF-Soldaten im Einsatz
Krieg kostet Deutschland 36 Milliarden
Die Fortsetzung des Bundeswehr-Einsatzes kostet laut der Studie von Brück und de Groot rund drei Milliarden Euro pro Jahr - das deutsche Verteidigungsministerium hatte die Kosten auf nur ein Drittel geschätzt. Insgesamt dürfte die Beteiligung am Krieg die Deutschen etwa 36 Milliarden Euro kosten.
Neben den unmittelbaren Verteidigungsausgaben haben die Ökonomen auch eine Reihe von Kosten einbezogen, die die Bundesregierung nicht als Afghanistan-spezifisch ansieht, etwa den Sold der in Afghanistan eingesetzten Soldaten. Auch die langfristigen Kosten, die durch verwundete oder gefallene Soldaten entstehen, werden berücksichtigt, ferner die, die in anderen Ministerien entstehen, etwa im Auswärtigen Amt.
Schlussendlich sind auch die Finanzierungskosten des Kriegs ein Faktor: "Schließlich fehlt jeder Euro, der in Afghanistan ausgegeben wurde, für Investitionen an anderer Stelle der Volkswirtschaft", so Brück im Interview.