Friedrich Merz: "CDU hat es verabsäumt, Wertkonservative anzusprechen"

Friedrich Merz auf Einladung von Niederösterreichs Landhauptfrau Johanna Mikl-Leitl.
Friedrich Merz auf Einladung von Niederösterreichs Landhauptfrau Johanna Mikl-Leitl.APA/NLK/REINBERGER
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Was den Beinahe-CDU-Chef Friedrich Merz mit dem Bald-wieder-Kanzler Sebastian Kurz verbindet. Und was er der Union rät, um AfD-Wähler zurückzuholen.

Alpbach. Wenn schon die meisten ÖVP-Politiker heuer mit ihrer Teilnahme am Europäischen Forum Alpbach wahlkampfbedingt auslassen, müssen die deutschen Konservativen ran. Karl-Theodor zu Guttenberg war gerade bei den Wirtschaftsgesprächen, am Donnerstag kam Friedrich Merz auf Einladung von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ins Tiroler Bergdorf. Und formulierte beim Hintergrundgespräch mit österreichischen Journalisten seine Positionen unverblümt, lobte Sebastian Kurz und widmete sich der Frage, wie eine christliche-soziale Partei mit der Konkurrenz vom rechten Rand umgehen soll.

„Union muss Thema Nation ansprechen"

Ein Triumph der AfD bei den Landtagswahlen am Sonntag in Brandenburg und Sachsen wäre nicht überraschend, sagt Merz. Doch nicht nur im Osten, auch im Westen flögen Wähler wie Treibsand zur AfD. „Bei der letzten Bundestagswahl verlor die Union eine Million, die SPD 500.000 Wähler an die AfD“, rechnet er vor. „Man hat es verabsäumt, wertkonservative Wähler anzusprechen. Man kann sie aber von der AfD zurückholen. Die Union muss einmal auch das Thema Nation ansprechen. Wir dürfen die deutsche Nationalflagge nicht der AfD überlassen, während man die Fahnen bei anderen öffentlichen Veranstaltungen verbietet.“ Setze sich die AfD fest, würde das eine starke, europäisch ausgerichtete deutsche Regierung erschweren. Siehe Österreich.

„Jeder CDU-Chef kann Kanzler"

Merz fährt andere Linie als Annegret Kramp-Karrenbauer, die ihn im Dezember mit 517 zu 481 Stimmen am Parteitag der CDU in der Entscheidung um die Nachfolge von Angelika Merkel schlug. Ob AKK Kanzlerin könne, wird Merz gefragt. Der einstige Fraktionschefs elegant und kühl: „Jeder CDU-Chef kann das.“ Nachsatz: Im konkreten Fall werde man das noch alles sehen.

Harte Kritik an Nullzinspolitik der EZB

Hart geht Merz mit der Null-Zinspolitik der EZB ins Gericht: Der Befund, dass es sich dabei quasi um Enteignung von Sparguthaben zu Gunsten verschuldeter Staaten handle, sei zutreffend. Er empfehle auf jeden Fall, auch noch so geringe Vermögen an Börsen zu veranlagen: In Zehn-Jahresfristen habe sich das gerechnet. Der Mann arbeitet auch bei der Fondsgesellschaft Black Rock.

„Kurz wäre eher in CSU heimisch, nicht in CDU"

Merz zur neuen geostrategischen Situation Deutschlands: Mit der „tektonischen Machtverschiebung, mit dem Ende der Pax Americana, mit der die USA schützend die Hand über Europa gehalten haben“, sei Deutschland gefordert, endlich Leadership zu zeigen – auch militärisch. Österreich und der mutmaßliche Baldwiederkanzler Kurz sei als Brückenbauer in Richtung Osteuropa gefragt – wie bei der Kür von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin. Kurz werde in Europa wahrgenommen, in Deutschland würde er ihn nicht in der CDU, sondern in der CSU heimisch sehen. Will Merz Kanzler werden? „Im CDU-Team bin ich bereit, eine entscheidende Rolle zu spielen.“ Klingt mehr nach Ja als nach Nein. Da hat einer definitiv noch nicht aufgegeben.

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