Zwölf-Stunden-Tag. Kurz vor der Wahl erneuert die AK ihre Kritik und plädiert für eine Rücknahme der Reform.
Wien. Arbeiterkammer-Chefin Renate Anderl hat einen Monat vor der Nationalratswahl die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung erneuert. Sie verweist auf eine Umfrage des Sora-Instituts, wonach fast jeder dritte Arbeitnehmer in Wien vom neuen Zwölf-Stunden-Arbeitstag betroffen ist.
Erst kürzlich hatten Deloitte und die Universitäten Wien und Graz Ähnliches vermeldet: Demnach wird der Zwölf-Stunden-Arbeitstag in der Gleitzeit in 30 Prozent der Unternehmen genutzt. Bei Gleitzeit fallen keine Überstundenzuschläge an, dafür können sich die Arbeitnehmer die Zeit selbst einteilen. Dass Letzteres in allen Firmen auch so gelebt wird, bezweifelt Anderl jedoch: „Gleitzeit ist nicht dazu da, dass abgearbeitet wird, was man in der Normalarbeitszeit einfach nicht schafft. Das sind in Wirklichkeit implizit angeordnete Überstunden.“
Sie kritisiert zudem, dass in manchen Betrieben selbst die zwölf Stunden überschritten würden. In einigen Extremfällen habe es Wochenarbeitszeiten von bis zu 91 Stunden und Tagesarbeitszeiten von bis zu 18 Stunden gegeben.
Wunscharbeitszeit: 36 Stunden
Die AK Oberösterreich wies in ihrem Arbeitszeitbericht darauf hin, dass die Wunscharbeitszeit im Schnitt bei 36 Wochenstunden liege. „Bis zu einer Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche wollen die Menschen aufstocken. Wer mehr als 30 Stunden arbeitet, möchte im Schnitt reduzieren“, sagte AK-OÖ-Chef Johann Kalliauer. Männer mit Kindern ab sechs Jahren arbeiten demnach im Schnitt 43,8 Stunden und möchten auf 39,7 Stunden reduzieren. Frauen mit Kindern unter sechs Jahren arbeiten im Schnitt 35,7 Stunden und wollen auf 32,8 Stunden verkürzen. Kalliauer plädiert dafür, die Änderungen im Arbeitszeitrecht zurückzunehmen.
Indes beklagen, wie berichtet, manche Arbeitgeber, der Zwölf-Stunden-Tag würde (bei Gleitzeit) zu oft dazu genützt, sich schon am Donnerstag ins Wochenende zu verabschieden. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2019)