Giuseppe Conte und das römische Minister-Toto

Giuseppe Conte.
Giuseppe Conte.(c) REUTERS (CIRO DE LUCA)
  • Drucken

Wer zieht in die Regierung Conte II ein? Die Frage beschäftigt Italien übers Wochenende, während der Premier seine Konsultationen führt. Per Onlinevotum könnte die Basis der Fünf Sterne indes die Koalition noch zu Fall bringen.

Wien/Rom. In Rom steht eine neue Regierung, die 66. der Nachkriegszeit, ante portas. Und längst hat das notorische „Minister-Toto“ eingesetzt – das medial geschürte Rätselraten darüber, wer dem zweiten Kabinett des Giuseppe Conte angehören wird. Wer wird die Schlüsselministerien übernehmen, und wie ist die Aufteilung zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten (Partito Democratico, PD)? Fällt für die Fünf Sterne doch noch ein Vizepremier ab?

Und nicht zuletzt: Kehrt Ex-Premier Matteo Renzi, der die Volte der Opposition zu einer Koalition eingeleitet hat, auf die Regierungsbank zurück? Oder zieht er lieber aus dem Senat via „Rienzini“, seine Parteigänger in der PD, die Fäden?

Mit Hochdruck führt Conte, der alte und wohl auch neue Ministerpräsident, kürzlich noch als „Signor Si“ und „Professore“ aus der Provinz verhöhnt, übers Wochenende seine Konsultationen für eine Kabinettsliste. Mitte kommender Woche soll er sie plangemäß bei seiner nächsten Audienz auf dem Quirinal bei Präsident Sergio Mattarella präsentieren.

Nur Mattarella ist zurzeit populärer als Conte. In den Umfragen hat sich das Meinungsbild zum Ende der Regierungskrise allerdings nur wenig verändert. Matteo Salvini und seine Lega, die die Krise just zum Höhepunkt der Sommerferien heraufbeschworen hatten, erlitten zwar einen Dämpfer, liegen laut „La Stampa“ mit 32 Prozent aber weiterhin komfortabel in Führung. Die Sozialdemokraten legen leicht zu auf 23 Prozent, während die Fünf Sterne bei 17 Prozent stagnieren. Demnach spricht sich eine Mehrheit der Italiener gegen eine Koalition der Linksparteien aus.

An Losungen und Versprechen des neuen Bündnisses fehlt es nicht. Allseits ist nun die Rede von Steuersenkungen und einer Vermeidung der Erhöhung der Mehrwertsteuer; von einem „Regierungsprogramm der Wende“, wie dies PD-Chef Nicola Zingaretti postuliert. Ein zentraler Punkt ist die Abkehr der rigorosen Migrationspolitik des bisherigen Innenministers Salvini, der bereits gegen die „Regierung der Sesselkleber“ mobil macht und für eine Großkundgebung im Oktober trommelt. Auch Silvio Berlusconi, Chef der Forza Italia und Salvinis neuer Wunschpartner, schwört seine Partei auf eine harte Opposition ein.

Grillos Daumen geht nach oben

Ob die Regierung zustande kommt, hängt freilich nicht allein von Mattarella, Conte und den Parteichefs Zingaretti und Luigi Di Maio ab, sondern auch von einem zwingenden Onlinevotum der Fünf-Sterne-Mitglieder. Noch steht der Zeitpunkt für die Urabstimmung in den Sternen. Vielen an der Basis der Protestbewegung – darunter Davide Casaleggio, dem Sohn des Mitgründers – gelten die Sozialdemokraten als korrupt und als Inkarnation des Establishments. Verfechter und Skeptiker einer Koalition halten sich einer Umfrage zufolge die Waage. Den Ausschlag könnte Komiker Beppe Grillo geben. Die Galionsfigur der Cinque Stelle ließ klare Sympathien für eine Allianz mit der PD erkennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Salut für Giuseppe Conte. In der Regierungskrise hat sich der Premier fast allseits Respekt erworben.
premium

Die Wandlung des Giuseppe Conte

Für den neuen und alten Ministerpräsidenten bricht eine neue Ära an. Bisher stand er im Schatten der Vizepremiers Salvini und Di Maio, nun strahlt das Rampenlicht auf ihn. Und selbst Donald Trump würdigt ihn.
Giuseppe Conte holt sich in Rom den Auftrag zur Bildung neuer Regierung
Außenpolitik

Conte will für Italien "Regierung im Zeichen des Neuen" bilden

Der parteilose Anwalt wird nun prüfen, ob die Bedingungen für eine tragfähige Koalition aus der bisher regierenden Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten vorhanden sind. Und bekennt sich zu Europa, Umwelt und sozialer Gerechtigkeit.
Ein Bild von vor einer Woche, als die alte Regierung endgültig zerbrach: Giuseppe Conte (Mitte) bleibt wohl Ministerpräsident, Luigi di Maio (re.) bleibt in der Regierung. Matteo Salvini (li.) muss auf Neuwahlen warten.
Außenpolitik

Zwei Ex-Intimfeinde schmieden eine Koalition für Italien

Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die sozialdemokratische PD haben sich auf eine neue Koalition geeinigt - vor wenigen Wochen noch undenkbar. Nun ist Präsident Mattarella am Zug.
Nicht nur die Castor-Statue, ganz Italien blickte am Mittwoch auf den Quirinalspalast, den Sitz des Staatspräsidenten in Rom.
Außenpolitik

Das Who's who der römischen Krise

Zwei Wochen nach dem Platzen der italienischen Populistenkoalition aus Lega und Fünf Sterne werden die Karten neu gemischt. Kurzporträts der wichtigsten Personen im Drama um die Macht in Rom.
ITALY-POLITICS-GOVERNMENT-CRISIS
Außenpolitik

Die Rechnung Salvinis geht (vorerst) nicht auf

Mit Last-Minute-Koalitionsangeboten an die Fünf Sterne zeigt die Lega nur, wie heillos sie sich verpokert hat. Doch Sozialdemokraten und Fünf Sterne können sich selbst nach mehrstündigen Verhandlungen in der Nacht nicht einigen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.