„J'accuse“: Wer klagt hier wen an?

Die Macht der Medien damals, bei der Dreyfus-Affäre, und heute, mit #MeToo, liefert den Subtext von Polanskis Film „J’accuse“.
Die Macht der Medien damals, bei der Dreyfus-Affäre, und heute, mit #MeToo, liefert den Subtext von Polanskis Film „J’accuse“.Venice International Film Festival
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In Venedig präsentierten Regieveteranen neue Filme mit rechtschaffenem Drall. Für Aufruhr sorgte Roman Polanskis wohl auch auf ihn selbst bezogener Dreyfus-Film „J'accuse“.

Der englische Titel klingt gar nicht nach Kontroverse: „An Officer And a Spy“. Ein Wortspiel, das auf die britische Ehrenbekundung „an officer and a gentleman“ verweist. Hält man sich jedoch an das französische Original, verheißt der jüngste Film von Roman Polanski, der am Freitag bei den Filmfestspielen von Venedig Premiere feierte, schon vom Namen her Entrüstung: „J'accuse“. Und obwohl er sich auf die berühmte Streitschrift Émile Zolas bezieht, in der dieser Aufklärung im Dreyfus-Skandal forderte, stellt sich unweigerlich die Frage: Wer klagt hier wen an?

Polanski lebt in Frankreich. Bei Ausreise droht ihm Auslieferung an die USA, wo ein Haftbefehl gegen ihn vorliegt. 1977 wurde er in Kalifornien wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen angeklagt – und floh vor der Urteilsverkündung nach London. Seither ist der gebürtige Pole Zankapfel eines unablässigen Streits um die Beziehungen zwischen Recht und Gerechtigkeit, künstlerischem Erfolg und moralischer Verantwortung. Infolge von #MeToo hat sich der Ton in dieser Causa verschärft. Besonders im englischsprachigen Raum gerät Polanski zusehends zur Persona non grata, im Mai 2018 wurde er aus der Oscar-Academy ausgeschlossen. Auch in Europa mehren sich kritische Stimmen. Doch das Regie-Renommee des 86-Jährigen wiegt hier nach wie vor viel.

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